Im Bistum Limburg stehen eine Woche lang Frauen auf der Kanzel

Referentin zu Frauenpredigt: "Kirche versagt sich vieler Charismen"

Veröffentlicht am 10.09.2022 um 12:00 Uhr – Lesedauer: 

Limburg ‐ Eine Woche lang werden im Bistum Limburg Frauen in Eucharistiefeiern predigen. Susanne Winnekens-Udovic hat diese Frauenpredigtwoche mitorganisiert. Im katholisch.de-Interview spricht sie über die Hintergründe und wie durch Frauen neue Perspektiven in die Predigten der Gottesdienste kommen.

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Unter dem Motto "Frauen verkünden das Wort" findet im Bistum Limburg vom 10. bis 18. September eine besondere Predigtwoche statt. Haupt- und ehrenamtliche Frauen sind dazu aufgerufen, in der Eucharistiefeier das Wort zu ergreifen. 32 Predigten im ganzen Bistumsgebiet werden in diesen Tagen von Frauen gehalten werden. Susanne Winnekens-Udovic, Diözesanreferentin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands im Bistum Limburg, organisiert die Aktion mit. Sie erklärt, warum es Frauen auf der Kanzel braucht und welchen Verlust es für die Kirche bedeutet, wenn sie nicht predigen dürfen.

Frage: Frau Winnekens-Udovic, Im Rahmen der Predigtwoche werden in der nächsten Woche 32 Predigten im Bistum Limburg von Frauen gehalten. Was ist das Ziel dieser Aktion?

Winnekens-Udovic: Unser Ziel ist, darauf hinzuweisen, dass es auch unter Frauen – oder überhaupt unter Nichtgeweihten – sehr viele verschiedene Charismen gibt, die die Wortverkündigung betreffen. Indem die Kirche festlegt, dass in der Eucharistiefeier nur der geweihte Priester predigen darf, versagt sie sich vieler dieser Charismen. Das ist ein Verlust für die Gläubigen. In vielen Gemeinden ist es schon Brauch, dass auch Frauen predigen, aber es wird nicht darüber gesprochen. Doch diese Charismen sollten möglichst vielen Menschen zur Verfügung gestellt werden.

Frage: Sehen Sie Unterschiede in den Predigten von Frauen gegenüber denen der männlichen Priester?

Winnekens-Udovic: Wir werden in dieser Woche sehen, ob Aspekte dazukommen, die von Priestern so nicht gesehen werden. Dadurch, dass Frauen normalerweise nicht predigen, wird ja nicht klar, ob sie es anders tun. Mir fällt es schwer, Frauen und Männer da festzulegen, aber ich glaube, es ist gut, wenn möglichst viele Aspekte aus den unterschiedlichen Lebensbereichen der Menschen gesehen und in der Predigt zum Thema werden. Vielleicht ist das auch ein Vorteil für die Hörenden.

Frage: Wieso haben Sie sich dafür entschieden, eine Frauenpredigtwoche zu veranstalten und nicht eine Laienpredigtwoche?

Winnekens-Udovic: Die Idee kommt ursprünglich aus dem Bistum Osnabrück, ist aber letztes Jahr vom Frauen- und Mädchenreferat im Bistum Limburg aufgegriffen worden. Bei Frauen verschärft sich die Frage nach der Predigt, weil das Priesteramt an sich für sie unerreichbar ist. Es ist eine Zuspitzung auf das, was den Gläubigen versagt bleibt, indem Frauen nicht predigen und nicht Priesterin werden können. Natürlich kann man es auch so sehen, dass man die Predigtwoche für nichtgeweihte Männer öffnen sollte, aber die Aktion ist auch aus der Geschichte heraus zu sehen, mit Blick darauf, wer im letzten Jahr die Initiatorinnen waren.

„Bei Frauen verschärft sich die Frage nach der Predigt, weil das Priesteramt an sich für sie unerreichbar ist. Es ist eine Zuspitzung auf das, was den Gläubigen versagt bleibt, indem Frauen nicht predigen und nicht Priesterin werden können.“

—  Zitat: Susanne Winnekens-Udovic

Frage: Dass Frauen in Gottesdiensten predigen, ist trotz des kirchenrechtlichen Verbots nichts Neues. Immer wieder predigen beispielsweise auch Pastoral- oder Gemeindereferentinnen, auch wenn das dann oft als "Katechese" betitelt wird. Was ist das Besondere an der Frauenpredigtwoche?

Winnekens-Udovic: Das Besondere ist, dass es jetzt offiziell und bekannt gemacht wird. Tatsächlich ist es so, dass vielfach schon von Frauen gepredigt wird. Unsere Aktion macht das öffentlich. Konservative und reaktionäre Kreise betonen immer wieder, dass das Kirchenrecht Nichtgeweihten nicht erlaubt, in Eucharistiefeiern zu predigen. Die Frauenpredigtwoche setzt da ein Ausrufezeichen: Ja, es ist eine gute Sache! Wir wollen, dass das alle Menschen mitbekommen und nicht nur die, bei denen es einfach gemacht wird. Auch im Hinblick auf den Synodalen Weg und die Entwicklung in der Kirche soll angesprochen werden, dass die Predigt eine gute Möglichkeit ist, den Menschen möglichst viele Charismen zur Verfügung zu stellen.

Frage: Der Synodale Weg ist verbunden mit vielen Hoffnungen auf Reformen. Welche Bedeutung hat die Frauenpredigt für die Reformen in der Kirche?

Winnekens-Udovic: Die Frauenpredigt ist auf jeden Fall ein wichtiger Schritt. Frauen werden so noch sichtbarer, sie werden noch stärker wahrgenommen mit den vielen Möglichkeiten, die sie haben, auch von den Gemeindemitgliedern selbst. Als Resonanz kommt oft, dass die Predigt einer Frau als Bereicherung empfunden wird. Ich denke, das kann auch bewirken, dass Menschen sich wieder der Kirche zuwenden. Es ist natürlich immer ein Ringen. Ich habe letzte Woche mit einer Katholikin aus Frankfurt telefoniert, die sagte: "Ist das nicht schwierig: Die einen treten aus, weil die Kirche zu konservativ ist, die anderen treten aus, weil sie zu fortschrittlich ist?" Dennoch ist die Laienpredigt ein wichtiger und konkreter Schritt, um die Kirche auf ihrem Weg voranzubringen. Natürlich, das Kirchenrecht muss da noch folgen, aber ich glaube, dass das möglich ist. Es gab ja schon einmal eine Öffnung für Laien. Ältere Kolleginnen, die schon im Ruhestand sind, erzählen, dass es früher durchaus üblich war, dass Laiinnen und Laien gepredigt haben. Dort wollen wir wieder hin.

Frage: Soll die Öffnung der Predigt für Frauen auch zur Öffnung des Weiheamtes für Frauen führen?

Winnekens-Udovic: Natürlich möchten nicht alle Frauen, die predigen wollen, auch tatsächlich Priestern werden. Aber ich glaube, dass es ein wichtiger konkreter Schritt sein kann, deutlich zu machen, dass auch Frauen predigen können. Für mich ist es auf jeden Fall ein wichtiges Ziel, die Ämter zu öffnen.

Eine Bibel liegt auf dem Ambo vor leeren Kirchenbänken.
Bild: © fotosmile777 – stock.adobe.com (Symbolbild)

"Mir ist es wichtig, die Schrift auszulegen und den Menschen etwas mitzugeben", sagt Susanne Winnekens-Udovic.

Frage: Wer sind die Frauen, die in der Predigtwoche predigen werden?

Winnekens-Udovic: Das sind viele hauptamtliche Frauen, also Gemeindereferentinnen, die sich oft auch sonst schon am Predigtdienst in den Gemeinden beteiligen. Ich als Referentin bin dabei, auch verschiedene Referentinnen aus dem bischöflichen Ordinariat, soweit ich das noch in Erinnerung habe. Es waren aber auch ehrenamtliche Frauen aufgerufen. Es gibt viele Wort-Gottes-Leiterinnen, die ehrenamtlich ihren Dienst tun und dabei natürlich auch die Schrift auslegen. Ich denke, wenn man diese Aktion noch etwas fortführt, dann wird es immer mehr Frauen geben, die sich daran beteiligen, sodass es dann auch mehr Fläche bekommt. Jetzt haben wir viele in Frankfurt oder im Taunus, aber es könnten noch viel mehr Frauen im ganzen Bistum sein.

Frage: Sie werden selbst auch predigen. Was bedeutet das für sie?

Winnekens-Udovic: Mir bedeutet es sehr viel, predigen zu können. Ich mache das sehr gerne, denn man kann den Menschen unheimlich viel sagen. Es ist für mich aber auch ein Prozess, mich immer wieder auf die Menschen einzustellen, die dort sitzen. Das ist gar nicht so leicht, habe ich festgestellt. Mir ist es wichtig, die Schrift auszulegen und den Menschen etwas mitzugeben.

Frage: Worüber werden Sie sprechen?

Winnekens-Udovic: Ich werde in Wirges am Vorabend zum Tag der Heiligen Hildegard predigen. Dort werden wir auch die Texte vom Tag nehmen. Aus dem Evangelium wird das Gleichnis von den zehn Jungfrauen gelesen. Die einen haben genug Öl gekauft, die anderen zu wenig. Da beschäftige ich mich gerade mit: Was hat das mit unserem Leben zu tun? Wie vorausschauend, wie gut ausgerüstet müssen wir sein und was gehört bei uns dazu? Ich bin leider noch nicht ganz fertig damit, aber es geht mit mir und bedeutet mir sehr viel.

Von Christina Bartholomé