Auftrag zu Lebensschutz ergebe sich nicht erst aus christlichem Glauben

Voderholzer: Auch in Abtreibungs-Debatte Opferperspektive einnehmen

Veröffentlicht am 07.09.2022 um 17:19 Uhr – Lesedauer: 

Balderschwang/Regensburg ‐ In der Debatte um Abtreibungen appelliert der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer an die Gesellschaft: Wie auch beim Thema Missbrauch gelte es, dabei die Opferperspektive einzunehmen. Nicht erst der christliche Glaube verlange den Lebensschutz.

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Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat die Gesellschaft aufgerufen, in der Frage der Abtreibung die Opferperspektive einzunehmen. "In der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs mussten vor allem wir Bischöfe lernen, die Opferperspektive einzunehmen, oft leider erst auf Druck der Medien und der Öffentlichkeit", sagte Voderholzer in einem am Dienstag ausgestrahlten Impuls für den Sender Radio Horeb, den das Bistum Regensburg auf seiner Website dokumentiert. Dieser Prozess sei sehr wichtig gewesen: "Erst wenn ein gewaltsames Geschehen aus der Perspektive des Schwächeren betrachtet wird, erkennt man seine wahre Grausamkeit."

Auch wenn diese Erkenntnis "trivial" klinge, weigere man sich beim Thema Abtreibung häufig, sie anzuwenden, so Voderholzer weiter. "Und deshalb bitte ich Sie alle mitzuhelfen, dass bei der Abtreibung ebenso die Opferperspektive eingenommen wird." Beim Ausdruck "Schwangerschaftsabbruch" handle es sich um eine "ideologische Verkürzung": Ein Embryo sei ein eigenständiges menschliches Wesen mit allen Potenzialen für ein Leben.

Nicht erst ein christliches Thema, sondern ein Menschheitsthema

Dabei verlange nicht erst der christliche Glaube den Lebensschutz, betonte der Regensburger Bischof. "Das gebieten die Vernunft und das natürliche Sittengesetz, das uns als Handlungsregel nahelegt, mit anderen so umzugehen, wie wir selbst es für uns wünschten: die Goldene Regel." Die vom Grundgesetz garantieren Rechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie die Freiheit der Person gälten "vom ersten Augenblick der Empfängnis bis zu ihrem letzten Atemzug, unabhängig davon, ob die betreffende Person den ästhetischen, ökonomischen oder sonstigen Erwartungen und Vorstellungen anderer oder der Gesellschaft entspricht". Das Thema Lebensrecht sei nicht erst ein christliches Thema, sondern ein Menschheitsthema. Die biblische Botschaft habe einen Beitrag "zur vertieften Begründung der unveräußerlichen Rechte der menschlichen Person" geleistet.

Auch ungewollte Kinder hätten eine Zukunft, die es zu ermöglichen gelte, unterstrich Voderholzer. Der Bischof verwies dabei auf die Caritas und andere Beratungsstellen, die schwangeren Frauen in Not zur Seite stünden. "Der schwächste Teil aber ist dieses kleine Wesen, ja dieser Mensch. Er ist absolut hilf- und wehrlos. Stellen wir uns gemeinsam an seine Seite!"

Ende Juni hatte der Bundestag mit großer Mehrheit die Streichung von Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs beschlossen, der das Werbeverbot für Abtreibungen beinhaltete. Spitzenvertreter der Kirchen hatten sich gegen eine Streichung ausgesprochen. Zuletzt sorgten Äußerungen der Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, zum Thema Abtreibung innerkirchlich für Diskussionen. Stetter-Karp wandte sich in einem Gastbeitrag für die "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" grundsätzlich gegen Forderungen aus der Politik nach einer weiteren Liberalisierung der Abtreibung. Zugleich erklärte sie, für eine ergebnisoffene Entscheidung schwangerer Frauen sei "sicherzustellen, dass der medizinische Eingriff eines Schwangerschaftsabbruchs flächendeckend ermöglicht wird". (mal)