Wenn sich die Kirche nicht verändert, schadet sie auch den Engagierten
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"Wir finden Ihr Anliegen unterstützenswert. Aber wir kooperieren nicht mit einer Täterorganisation wie der katholischen Kirche." Uff. Diese Antwort auf eine freundliche Anfrage an ein Unternehmen im ländlichen Raum sitzt. Sie trifft nicht nur die Falsche, nämlich eine junge Ehrenamtliche, die ein Zeltlager organisiert und lokales Sponsoring sucht. Sie macht auch deutlich, wie weit die Schere auseinandergeht zwischen dem Engagement katholischer Christ*innen und dem Bild, das die Kirche als Institution in weiten Teilen der Gesellschaft abgibt.
Es ist der Getränkehändler vor Ort, der nicht wie früher die Bierzeltgarnituren für die Vesperkirche zur Verfügung stellt, weil er die Nachrichten über den Missbrauch in seinem Bistum nicht mehr erträgt. Es ist die Expertin für ein gesellschaftlich relevantes Thema, die nicht als Referentin zu einem Seminar in ein katholisches Bildungshaus kommen möchte, weil sie den Umgang der Kirche mit Frauen und queeren Menschen nicht in Einklang mit ihren Werten bringt. Es ist der Bundestagsabgeordnete, der bei der 72-Stunden-Aktion des BDKJ in seinem Wahlkreis nicht als Schirmherr dabei sein möchte, weil er glaubt, dass ihm das "K" im Wahlkampf schadet. Und immer häufiger sind es auch Stiftungen, die katholisch getragene Projekte für nicht mehr förderwürdig erachten oder Universitäten, die keine katholischen Stipendienprogramme mehr bewerben möchten.
Wenig hilfreich ist nun, beleidigt zu sein oder sich als Katholik*innen selbst in die Opferrolle zu bringen, denn dazu ist die Lage zu ernst. Sollte man versuchen, mit Argumenten aufzuzeigen, dass das Gute am Engagement in kirchlichen Strukturen und für andere Menschen das strukturelle Versagen der Institution Kirche aufwiegen kann? Nein. Wenn sich Kirche nicht verändert, dann versündigt sie sich nicht nur an Menschen in Not, sondern auch an jenen, die sich gegen Armut und Gewalt engagieren und die Welt im Sinne der Botschaft Christi zu einem besseren Ort machen wollen.
Die Autorin
Dr. Anna Grebe ist Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken sowie Mitglied im Diözesanrat des Erzbistums Berlin und arbeitet als Beraterin und Referentin an der Schnittstelle von Jugendarbeit und Politik.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.