Gottesdienst zur Deutschen Einheit – Große Aufgaben bleiben
Mit einem ökumenischen Gottesdienst im Erfurter Dom haben am Montag die zentralen Feierlichkeiten am Tag der Deutschen Einheit begonnen. Erfurts katholischer Bischof Ulrich Neymeyr sagte, dass am 3. Oktober 1990 wohl nur wenigen Menschen bewusst gewesen sei, "welch große Aufgabe vor unserem Volk lag". Bis heute seien die Deutschen "nicht wirklich" zu einem Volk zusammengewachsen. Vor Vertretern der Spitzen des Staates bat er um Gottes Beistand für weiteres Zusammenwachsen und ein "Wachsen an den Herausforderungen der Zeit".
Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, warb in seiner Predigt für ein Miteinander ohne Gewalt, Bosheit und üble Nachrede. "Keine Gewalt – das ist der Konsens, der durch die friedliche Revolution in das neue Deutschland eingebracht wurde. Und es ist die Grundlage der Demokratie, denn nur in gewaltfreien Diskursen lassen sich sinnvolle Lösungen finden. Und das ist in diesen Tagen wahrlich nicht einfach", so Kramer.
"Es ist an der Zeit, dass alle Religionen gemeinsam gegen Gewalt ankämpfen"
Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm, appellierte an die Kirchen, dass ihnen angesichts eines wachsenden Judenhasses in der Gesellschaft eine besondere Verantwortung zukomme: "Denn vor Antisemitismus konnten sich Juden noch nie selbst schützen." Für die islamischen Gemeinden in Thüringen rief die Muslima Nour Alzubi zu Gewaltverzicht auf: "Es ist an der Zeit, dass Christen, Juden, Muslime und alle Religionen gemeinsam gegen Gewalt ankämpfen, denn die führt oft zu Kriegen und einer Instabilität der Gesellschaften." Nur mit Liebe könne man den "ewigen Kreislauf der Gewalt" durchbrechen. Die Studentin war 2015 aus Syrien nach Deutschland geflüchtet.
Als Vertreter für Menschen ohne Religionszugehörigkeit sagte Bernd Kemter, Vorsitzender der Thüringer Goethegesellschaft, er sei dankbar für die Orte, an denen im wiedervereinten Deutschland bereits ein vertrauensvolles, friedliches Miteinander gelinge: "Gläubig oder nicht, westdeutsch oder ostdeutsch, mit oder ohne Migrationshintergrund - wir wachsen weiter zusammen." An dem Gottesdienst nahmen unter anderen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sowie der Papst-Botschafter in Deutschland, Nunitius Nikola Eterovic, teil. (KNA)