DBK-Betroffenenbeirat kritisiert Schuldeingeständnis von Zollitsch
Der Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) hat die öffentliche Erklärung des emeritierten Freiburger Erzbischofs Robert Zollitsch zu seinem fehlerhaften Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs kritisiert. Zollitsch scheine "unfähig, seine persönliche Schuld konkret zu bekennen und konkrete Verantwortung für den sexuellen Missbrauch an Minderjährigen und erwachsenen Schutzbefohlenen zu übernehmen", heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung des Betroffenenbeirats. Der ehemalige DBK-Vorsitzende wolle sich durch das Video-Statement aus der vergangenen Woche auf seiner Internetseite als "geläuterter, reumütiger Mann" inszenieren, "der seit 2010 intensiv an der Aufarbeitung des Missbrauchs mitgewirkt" habe.
Doch Zollitsch habe "bis heute nichts dazu gelernt", kritisierte der Betroffenenbeirat weiter. "Für den eigenen Ruf und den Ruf der Kirche immer nur das zuzugeben, was ohnehin bekannt ist oder bald bekannt werden wird", sei nach mehr als einem Jahrzehnt Missbrauchsaufarbeitung in der Kirche "eben zu wenig". Der Betroffenenbeirat äußerte die Vermutung, dass die Missbrauchsstudie für die Erzdiözese Freiburg aufgrund der juristischen Intervention von Zollitschs Anwälten zunächst nicht veröffentlicht wird. Im September war bekannt geworden, dass sich die Vorstellung der Ergebnisse des Gutachtens erneut bis April kommenden Jahres verzögert. Als Grund führte die Erzdiözese "notwendige, weitere rechtliche Klärungen und Absicherungen in den Bereichen Datenschutz, Persönlichkeits- und Presserecht" an, um eine möglichst umfassende Rechtssicherheit der Veröffentlichung sicherzustellen.
Ende Oktober Gespräch von Betroffenenbeirat mit Bischof Dieser
Der Betroffenenbeirat warf Zollitsch einen "larmoyanten Ton" beim Bekenntnis zu seinem Fehlverhalten vor. "Dabei wusste er frühzeitig um seine persönliche Schuld und sein konkretes Versagen – und schwieg dazu." Zollitsch gehe nicht offen auf Betroffene in seinem früheren Erzbistum zu oder suche das direkte Gespräch. Vielmehr verstecke er sich hinter "der üblichen klerikalen Systementschuldigung vom Verschweigen aus Täter- und Organisationsschutz". Deshalb sei die Erklärung von Zollitsch nicht der "mutige Schritt", als der sie teilweise in der Öffentlichkeit dargestellt worden sei. "Das hat für den Betroffenenbeirat nichts mit beispielhaftem Verhalten zu tun." In seinem Video hatte Zollitsch die Missbrauchsbetroffenen und ihre Familien um Verzeihung für sein Handeln gebeten und "gravierende Fehler" im Umgang mit Missbrauchsfällen eingeräumt.
In seiner Erklärung kündigte der Betroffenenbeirat an, bei Gesprächen mit den neuen Missbrauchsbeauftragten der Bischofskonferenz, Bischof Helmut Dieser und Erzbischof Stephan Burger, das Vorgehen von Zollitsch zu thematisieren. Ein Treffen sei für Ende Oktober geplant. Dort werde man zudem über die bei der vergangenen DBK-Vollversammlung im September in Fulda beschlossene Neustrukturierung der kirchlichen Missbrauchsaufarbeitung sprechen. Der Betroffenenbeirat begrüßte die wesentlichen Elemente der Neuausrichtung, drängte jedoch auf rasch umzusetzende konkrete Entscheidungen. Der Betroffenenbeirat bei der DBK hat sich 2020 konstituiert und umfasst neun für drei Jahre berufene Mitglieder. Das Gremium berät die Bischöfe, soll aber auch eigene Initiativen initiieren und die Sichtweise von Missbrauch betroffener Menschen einbringen. (rom)