Langjähriger Domkantor war entlassen worden

Rechtsstreit um Leihmutterschaft: Landeskirche legt Berufung ein

Veröffentlicht am 20.10.2022 um 15:34 Uhr – Lesedauer: 

Braunschweig/Hannover ‐ Kein Ende in Sicht beim Rechtsstreit um die Entlassung des Braunschweiger Domkantors: Nachdem ein Gericht festgestellt hatte, dass die Kündigung unwirksam sei und er weiterbeschäftigt werden müsse, legte nun die Landeskirche Berufung ein.

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Im Rechtsstreit um die Entlassung von Domkantor Gerd-Peter Münden (56) wegen einer geplanten Leihmutterschaft hat die braunschweigische Landeskirche Berufung gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig eingelegt. Das Gericht hatte im September festgestellt, dass die Kündigung des Musikers unwirksam sei und dieser weiterbeschäftigt werden müsse (Az: 7CA87/22). Mit der Berufung liegt der Fall nun beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen in Hannover, wie die evangelische Landeskirche am Donnerstag mitteilte.

Münden war Domkantor am traditionsreichen Braunschweiger Dom. Die Landeskirche hatte ihn im Februar fristlos entlassen, weil er eine Leihmutterschaft im Ausland beauftragen wollte. Eine kommerzielle Leihmutterschaft sei mit den ethischen Grundsätzen der Kirche nicht vereinbar, argumentierte sie.

Die Landeskirche werde im Berufungsverfahren noch einmal ausführlich darlegen, welche konkreten Schritte Münden unternommen habe, um eine kommerzielle Leihmutterschaft in Kolumbien zu beauftragen, erläuterte Oberlandeskirchenrat Christoph Goos als Leiter der Rechtsabteilung. Das Arbeitsgericht habe die Auffassung vertreten, es habe sich bei den Plänen lediglich um einen "Gedankenprozess" gehandelt, der keinen Verstoß gegen dienstliche Pflichten darstelle.

Kinder nicht zum Gegenstand eines Warengeschäfts machen

Zugunsten der Landeskirche habe das Gericht aber auch festgehalten, dass die konkrete Inanspruchnahme einer kommerziellen Leihmutterschaft gegen das Selbstverständnis der Landeskirche verstoße. Sie zu untersagen, stelle eine wesentliche und rechtmäßige berufliche Anforderung an die Tätigkeit eines Domkantors dar. "Wir halten daran fest, dass Kinder nicht zum Gegenstand eines Warengeschäfts gemacht werden dürfen", betonte Goos, der auch Rechtsprofessor ist.

Münden ist derzeit als Musiklehrer beschäftigt und enthält von der Landeskirche monatlich 1.400 Euro als Differenz zu seinem vorigen Gehalt. Er habe selbst auf eine Weiterbeschäftigung verzichtet, hieß es von der Landeskirche. Gleichwohl hat Münden in der vergangenen Woche kirchenintern eine Dienstaufsichtsbeschwerde und eine Datenschutzklage gegen Landesbischof Christoph Meyns und die Dompredigerin Cornelia Götz eingereicht. Diese hätten Inhalte aus Seelsorge- und Personalgesprächen über den Kinderwunsch mit seinem aus Kolumbien stammenden Mann in Mails und Pressemitteilungen veröffentlicht, sagte Münden.

Münden arbeitete seit 1999 als Domkantor in Braunschweig. Dort leitete er unter anderem die Braunschweiger Domsingschule, die größte Einrichtung für evangelische Kirchenmusik in Deutschland mit rund 600 Kindern und Erwachsenen in 21 Chören. Als Leihmütter werden Frauen bezeichnet, die für eine andere Person ein Kind austragen. Die Leihmutterschaft ist in Deutschland bislang verboten. Die großen christlichen Kirchen sprechen sich dagegen aus, weil sie unter anderem die Rechte von Frauen und Kindern in Gefahr sehen. (tmg/epd)