Die Religionen auf Zypern stehen für Versöhnung und Hoffnung
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Seit Mittwoch bin ich auf Zypern. Auch diese Insel gehört zur Diözese, für die ich arbeite: Das Lateinische Patriarchat von Jerusalem. Von Donnerstag bis Samstag hat hier die Herbstvollversammlung unserer Bischofskonferenz, die "Versammlung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes", getagt. Unsere mehrsprachige und liturgisch vielfältige Konferenz (Maroniten, Melkiten, Lateiner, Syrisch-Katholische, Armenisch-Katholische und Chaldäer) hatte sich diesmal zwei Arbeitsschwerpunkte gesetzt: Das Thema Missbrauch in der Kirche in seinen verschiedensten subtilen Spielarten (sexuell, emotional, spirituell etc.) und die Situation der geteilten Insel Zypern. Mit dem zweiten Arbeitsschwerpunkt war auch ein Studientag im besetzten Nordzypern mit Ortsbegehungen und Begegnungen verbunden.
Um das zweite Thema kurz zusammenzufassen: Die Lage ist zum Verzweifeln, wenn man auf die politischen Entscheidungsträger schaut! Im Norden ist die militärische Besatzungsmacht überpräsent; einstmals christliche Dörfer sind zu Militärbaracken umfunktioniert, umgeben von einem Ring an Nachtclubs und Bordellen, in denen Frauen, welche Opfer von Menschenhändlern geworden sind, sexuell ausgebeutet werden. Erschreckend sind auch die Ausmaße des Bergbaus, in denen ganze Berge des Kyrenia-Gebirges abgetragen werden, was bereits jetzt zu negativen Klimaveränderungen auf der Insel geführt hat. Im Süden haben wir eine Regierung, die jeder Nichtregierungorganisation mit größter Skepsis, fast feindlich, begegnet und sich immer wieder in fremdenfeindlichen Äußerungen gefällt. Die größte Sorge dieser Regierung ist, dass sie Geflüchtete zu gut behandeln könnte, um so Pull-Faktoren für diese zu schaffen.
Für Versöhnung und Hoffnung stehen hingegen die Religionsführer auf der Insel. Im "Religious Track" haben sich mithilfe der schwedischen Regierung die beiden großen Religionsgemeinschaften, die griechisch-orthodoxe Kirche und die muslimische Gemeinschaft, und die drei anerkannten Minderheiten – die armenisch-apostolische, die maronitisch-katholische und die römisch-katholische Kirche (hier "Lateiner" genannt) – auf der gesamten Insel zusammengeschlossen, um für ein anderes Zypern einzustehen. Und das mit sichtbarem Erfolg! Die Frage von Flucht und Migration wird nicht erst seit dem Papstbesuch 2021 auf Zypern von den Religionsgemeinschaften konstruktiv und menschenwürdig angegangen – allen voran ist hier die "Caritas Zypern" zu nennen – sondern auch das Thema "Bewahrung der Schöpfung" steht ganz oben auf der Agenda! Die "Grünen" auf Zypern sind die Religionsgemeinschaften!
Es mutet mehr als merkwürdig an, dass ausgerechnet ein grün geleitetes Auswärtiges Amt in Berlin hierfür keinen Blick hat und das Thema "Religion und Außenpolitik" zum Orchideenthema verkommen lässt!
Der Autor
Der Jerusalemer Benediktinermönch Nikodemus Schnabel OSB ist Lateinischer Patriarchalvikar für alle Migranten und Asylsuchenden und Direktor des Jerusalemer Instituts der Görres-Gesellschaft (JIGG).
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.