Missbrauchsvorwürfe seien "Denunziation"

Postulator hält Kentenich-Seligsprechung weiter für möglich

Veröffentlicht am 28.10.2022 um 11:54 Uhr – Lesedauer: 

Schönstatt ‐ Nach Vorwürfen des Missbrauchs ist das Seligsprechungsverfahren von Pater Joseph Kentenich ausgesetzt – doch seine Schönstatt-Bewegung glaubt nach wie vor an ihren Gründer. Der Postulator hofft, alle Anschuldigungen ausräumen zu können.

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Der Postulator im Seligsprechungsverfahren für den Schönstatt-Gründer Joseph Kentenich, Pater Eduardo Aguirre, geht davon aus, dass das nach Missbrauchsvorwürfen ausgesetzte Verfahren wieder aufgenommen werden wird. Laut dem Portal "schoenstatt.com" (Donnerstag) zeigte sich der Schönstattpater in einer Predigt anlässlich des 54. Todestags von Kentenich davon überzeugt, dass die Vorwürfe mit umfassender Transparenz und Wahrheit aufgeklärt werden und der Schönstatt-Gründer entlastet wird. Die Predigt wurde bereits am 15. September am "Urheiligtum" der Bewegung in Schönstatt gehalten, wurde aber erst jetzt bekannt.

Die von der Kirchenhistorikerin Alexandra von Teuffenbach vor zwei Jahren veröffentlichten Vorwürfe geistlichen und sexuellen Missbrauch bezeichnete er als "Denunziation". Teuffenbach war bei ihrer Arbeit in den vatikanischen Archiven anlässlich der Öffnung des Aktenbestands aus dem Pontifikat von Papst Pius XII. (1939–1958) auf Unterlagen zur Visitation der Schönstätter Marienschwestern gestoßen. Später veröffentlichte sie eine Archivdokumentation mit Material aus dem Limburger Provinzarchiv der Pallottiner, zu der auch eidesstattliche Aussagen von ehemaligen Marienschwestern im Seligsprechungsverfahren Kentenichs gehörten. Außerdem wurde bekant, dass Kentenich in seiner Zeit in Milwaukee (USA) sexueller Missbrauch vorgeworfen wurde. Eine durch das Bistum Trier beauftragte Untersuchung, deren Ergebnisse im Juli veröffentlicht wurden, konnte die Vorwürfe nicht klären.

Anschuldigungen seien übertrieben und aus dem Zusammenhang gerissen

"Wir wissen und können beweisen, dass diese Anschuldigungen übertrieben, aus dem Zusammenhang gerissen, voreingenommen und falsch sind", sagte Aguirre in seiner Predigt mit Bezug auf die Veröffentlichungen von Teuffenbach. Der Postulator betonte, dass Kentenich nie eines Verbrechens gegen die Moral beschuldigt worden sei. "Die Untersuchung und Verurteilung von Verbrechen gegen die Sittlichkeit und sexuellem Missbrauch gehörte zu den Aufgaben und der Verantwortung des obersten Gerichtshofs der Kirche, des Heiligen Offiziums. Aber es gab nie eine formelle Anklage gegen Pater Kentenich in diesem Sinne", so Aguirre weiter. Dafür gebe es Beweise, da die Korrespondenz des Heiligen Offiziums, des heutigen Dikasteriums für die Glaubenslehre, in dieser Sache verfügbar seien.

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hatte den Seligsprechungsprozess im Mai ausgesetzt und erklärt, dass mit der Entscheidung "kein abschließendes Urteil über Leben und Wirken" Kentenichs gefällt werde. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen wird, "sollten neue, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse vorliegen, die all die offenen Fragen zufriedenstellend beantworten". Aguirre erklärte die Einstellung damit, dass Ackermann als damaliger Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) unter öffentlichem Druck gestanden habe, sich von der Seligsprechung zu distanzieren. Das Bistum Trier kündigte an, keine Ressourcen für die weitere Erforschung zur Verfügung zu stellen. Laut dem Postulator hätten sich aber in der Schönstatt-Bewegung verschiedene Forschungsgruppen gebildet, um die seit 2020 neu verfügbaren Dokumente zu untersuchen.

Das Generalpräsidium der Schönstattbewegung und die Marienschwestern hatten die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen, zeigten sich aber in ihren Mitteilungen stets offen für eine transparente Aufklärung. Schönstatt hoffe, "dass auf diesem Weg bezüglich Person, Leben und Werk ihres Gründers so bald wie möglich weitere Transparenz und Klarheit geschaffen werden kann", so die erste Erklärung zur ursprünglich geplanten Einrichtung der neuen Historikerkommission, die der Aussetzung des Verfahrens voranging. Die Kentenich-Biographin Schwester Doria Schlickmann hatte in einem Interview auf der Webseite des Schönstatt-Werks unmittelbar nach den ersten Veröffentlichungen die Vorwürfe gegen Kentenich als "Missdeutungen und fälschliche […] Anklagen" bezeichnet. Der Postulator des Seligsprechungsverfahrens bezeichnete die Vorwürfe bereits zuvor als "unseriös". Der Versuch der Marienschwestern, die Veröffentlichung von Teilen von Teuffenbachs Archivdokumentation mit einem Unterlassungsantrag zu verhindern, scheiterte vor Gericht. (fxn)