Papst hat Rücktrittsgesuch des Bamberger Erzbischofs angenommen

Rücktritt von Erzbischof Schick: Der Dauerläufer geht

Veröffentlicht am 01.11.2022 um 16:00 Uhr – Lesedauer: 

Bamberg ‐ Ludwig Schick hat nicht nur als Erzbischof und Jogger, sondern auch als "Außenminister" der Bischöfe langen Atem bewiesen. Nun tritt er vor der bischöflichen Altersbeschränkung ab. Ein Jüngerer soll ran – wegen anstehender Weichenstellungen.

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"Wenn es so weit ist, mit 75 oder vorher, dann wird das gut geregelt werden, da bin ich zuversichtlich." Das sagte Erzbischof Ludwig Schick Anfang Juli vergangenen Jahres in einer Talkshow in einem regionalen Fernsehsender. Der vorzeitige Amtsverzicht war damals schon eine Option für den heute 73-Jährigen. Eineinhalb Jahre später ist er nun Gewissheit. Der Bischofsstuhl im Erzbistum Bamberg ist vakant, etwas mehr als 20 Jahre, nachdem der gebürtige Marburger Schick ihn bestieg. Mit ihm geht ein volksnaher und zugleich international anerkannter Erzbischof in den Ruhestand.

Zwei Mal musste Schick dem Papst seine Gründe darlegen, wieso er vor der normalen Bischofs-Altersgrenze von 75 Jahren abtreten will. Das erste Mal im April, ein zweites Mal im September, nachdem Franziskus ihn bat, weiter im Amt zu bleiben. So schildert Schick es in einem Brief an die Menschen im Erzbistum. Er spricht von "Vernunft und Verantwortung", verweist auf anstehende Weichenstellungen im Erzbistum selbst sowie beim deutschen Reformprojekt Synodaler Weg und beim globalen synodalen Prozess. Das alles will Schick einem jüngeren Nachfolger überlassen, wie er sagt.

Schick wirkte zuletzt nicht amtsmüde. Stattdessen machte er mit Reformvorschlägen von sich reden: Zulassung der Frauenweihe, keine Verpflichtung zur Ehelosigkeit für Priester und besonders eine Amtszeitbeschränkung für Bischöfe. Seine Wortmeldungen machten über Deutschland hinaus Schlagzeilen.

"Du bist dahin gegangen, wo sonst niemand hinreist"

Dabei dürfte es auch eine Rolle spielen, dass Schick von 2006 an 15 Jahre lang Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz war. In dieser Funktion als inoffizieller "Außenminister" reiste er viel. Und in Deutschland trat er vernehmbar für die Rechte des globalen Südens, der Entrechteten auf der Welt und der verfolgten Christen ein.

"Du bist dahin gegangen, wo sonst niemand hinreist: in Krisengebiete der Welt, an Orte, wo das Elend zum Greifen nahe ist", sagte der Bischofskonferenz-Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing. "Kein Weg war Dir zu weit, kein Land zu gefährlich und kein Schlafmangel zu viel", Schick habe den Menschen die Solidarität aus Deutschland vermittelt.

Papst Franziskus und Ludwig Schick, Erzbischof von Bamberg, im Vatikan.
Bild: ©KNA/Vatican Media/Romano Siciliani

Bei ihrer Begegnung im April teilte Erzbischof Ludwig Schick dem Papst seinen Rücktrittswunsch mit. Im September musste er dem Kirchenoberhaupt noch einmal seine Gründe für den Rücktritt darlegen, nun hat der Papst sein Gesuch angenommen.

Verdienste erwarb sich Schick auch als Kirchenrechtler. Ab 1981 lehrte er dieses Fach an der Theologischen Fakultät Fulda und am Katholischen Seminar der Philipps-Universität Marburg, bevor er ab 1995 Generalvikar und ab 1998 auch Weihbischof im Bistum Fulda war. Seine Expertise wurde auch im Vatikan geschätzt. An der letzten Reform der Strafnormen im Kirchenrecht auf Weltkirchen-Ebene war er maßgeblich beteiligt. Ein anderes Projekt von Schick, die Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit im katholischen Kirchenrecht, wurde in Rom lange kaum beachtet, scheint aber inzwischen auf gutem Wege zu sein.

Eine weitere Stärke Schicks ist die Kommunikation: Er mischte sich gern ein in gesellschaftliche Debatten, auch wenn er dafür angefeindet wurde. Eine Kampagne der AfD brachte ihm 2016 Hassbotschaften bis hin zu Todesdrohungen ein. Dabei hatte der Erzbischof im Gespräch mit den "Nürnberger Nachrichten" nur eine Selbstverständlichkeit ausgesprochen: Die Kirche würde auch einen Bundespräsidenten muslimischen Glaubens akzeptieren, falls dieser gewählt würde. Die AfD machte daraus auf Facebook: "Kirche: muslimischer Bundespräsident denkbar".

Schick will auch im Ruhestand weiter laufen und twittern

Diese negativen Seiten der sozialen Medien hielten ihn jedoch nicht davon ab, selbst dort aktiv zu sein. Als erster Ortsbischof in Deutschland fing Schick an zu twittern. Auch andere Kanäle bespielte er selbst, vom Handy oder Tablet aus.

Zuhause im Erzbistum war Schick viel unterwegs, sein Terminkalender ist voll. Demnächst etwa trifft er sich mit Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) zu einer Podiumsdiskussion. Die Gläubigen erleben ihren Erzbischof als volksnah. Entsprechend beliebt ist Schick – obwohl er bei Finanzen und Organisation Führungsstärke bewiesen hat, auch gegen erheblichen Widerstand. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit sanierte er mit einem harten Sparkurs den Diözesanhaushalt. Mittlerweile ist die zweite Strukturreform mit größeren Seelsorgebereichen umgesetzt.

Zugute kam Schick, dass er als bescheidener Bischof wahrgenommen wurde. Während das wenig transparente Bauprojekt auf dem Limburger Domberg die Gemüter erhitzte, öffnete er für Journalisten demonstrativ seine Privatgemächer. Sensationelles war dabei nicht zu erhaschen. Nicht fehlen durfte aber das Bild der erzbischöflichen Laufschuhe. Die frühmorgendlichen Jogging-Runden durch die Bamberger Altstadt verlangen von dem zigfachen Sportabzeichen-Träger und bekennenden Fan des 1. FC Nürnberg Ausdauer. Übrigens: Schick will auch im Ruhestand weiter laufen und twittern.

Von Christian Wölfel (KNA)