Medienbischof besorgt über Polarisierung im Netz

Marx: Schritt in die neue Medienwelt für Kirche überlebenswichtig

Veröffentlicht am 04.11.2022 um 11:24 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Kardinal Reinhard Marx ist davon überzeugt, dass sich die Kirche in der Digitalität verändern wird. Dabei genüge es nicht, nur medienethisch zu belehren: In Verkündigung und Liturgie müsse die neue Medienrealität ernst genommen werden.

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Kardinal Reinhard Marx sieht es für die Kirche als überlebenswichtig an, den Schritt in die neue Medienwelt mitzumachen. Beim Katholischen Medienkongress in Bonn sagte der Medienbischof der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) am Freitag, dass die Kirche gut daran tue, sich auf die Veränderungen einzustellen, die die neue mediale Wirklichkeit für das Gemeinwesen und das gesellschaftliche Miteinander mit sich bringe. Eine große Herausforderung für die Kirche sei dabei, nicht nur belehrend aufzutreten, sondern sich auch selbst zu ändern. "Das gilt bis hinein in die Glaubensverkündigung und die Liturgie", betonte der Münchner Erzbischof. Auch wenn sie unter massiven Kommunikationsschwierigkeiten und Glaubwürdigkeitsproblemen leide, müsse die Kirche im Netz aktiv und offensiv sein.

Die Bedeutung von Medien und Kommunikation sei nichts grundsätzlich Neues. "Ohne Medien und Kommunikation gibt es kein Menschsein", sagte Marx. Die digitale Öffentlichkeit sei nicht bloß virtuell und künstlich, sondern eine "neue Dimension der Wirklichkeit": "Das Netz ist real, es ist nicht eine irgendwie gedachte Wirklichkeit." Wie stark die Medienrevolution des Netzes die heutige Gegenwart verändere, werde man wie bei den Medienrevolutionen vergangener Zeiten wohl erst viel später vollständig erfassen können.

Sorgen, dass Demokratie unter Beschuss gerät

Besorgt zeigte sich der Kardinal über eine zunehmende Polarisierung im Netz. Die noch vor wenigen Jahren herrschende Hoffnung, für alle zugängliche Netzkommunikation würde den Diskurs demokratisieren und so eine neue Stufe von Beteiligung ermöglichen, habe sich nicht erfüllt. "Dieser Traum, der auch genährt war von der Idee der europäischen Moderne, ist brüchig geworden", sagte der Medienbischof. Er mache sich heute große Sorgen, dass die Demokratie selbst unter Beschuss gerate. Er lasse sich aber die Hoffnung nicht austreiben. Die Entwicklung zeige, dass die Öffentlichkeit wie die Wirtschaft für ihr Funktionieren Regeln und Ordnung brauche. Kirche und Medien müssten dabei stärker gegen Fehlentwicklungen im Netz ankämpfen.

Marx ist seit vergangenem Herbst Vorsitzender der Publizistischen Kommission der DBK. Die Publizistische Kommission beschäftigt sich mit dem Medienwandel im Hinblick auf Fragestellungen der Medienpolitik, Medienrezeption, Medienethik, Medienkompetenz und Theologie und soll daraus strategische Überlegungen für die kirchliche Medienarbeit entwickeln. Der Kardinal äußerte sich beim Katholischen Medienkongress in Bonn. Von Mittwoch bis Freitag kommen dort nach Veranstalterangaben über 340 Medienschaffende unter dem Motto "Let's face it – Authentizität und Kommunikation" zusammen. Im Rahmen des Medienkongresses wurde am Donnerstag der Katholische Medienpreis verliehen, der in diesem Jahr an die Macher der Dokumentation "Wie Gott uns schuf – Coming-out in der Katholischen Kirche" ging. (fxn)