Vor 30 Jahren erschien der Katechismus der Katholischen Kirche
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) geriet alles, was mit "Katechismus" in Zusammenhang stand, zumindest in den deutschsprachigen Ländern, in Verruf. Zwar gab es den progressiven und gemaßregelten "Holländischen Katechismus". Doch zu sehr wurde schon der Begriff mit einem Freiheit und Offenheit entgegenstehenden Streben nach Glaubenssicherheit in Verbindung gebracht. So wundert es nicht, dass der 1992 vom Vatikan veröffentlichte "Katechismus der Katholischen Kirche" (KKK), auch Weltkatechismus genannt, insbesondere in Intellektuellen-Kreisen auf Skepsis und Zurückweisung stieß.
An der Erstellung des neuen, nachkonziliaren Katechismus, der weltweit maßgeblich sein sollte, arbeiteten Theologen von Weltrang wie die deutschsprachigen Kardinäle Joseph Ratzinger und Christoph Schönborn. Und allein der Umfang des über 800 Seiten starken Werks macht deutlich, dass es um mehr ging als ein religiöses Lehrbuch. Vielmehr stellten sich die Autoren die Aufgabe, eine lehrmäßige Formulierung des in der Kirche entwickelten Glaubens zu präsentieren, wie er vom Konzil als überragendem Bezugs- und Orientierungspunkt bezeugt worden sei.
Als Buchtitel erstmals 1528
Traditionell verbindet man mit dem Katechismus die Vorbereitung von Kindern auf die Sakramente, den Religionsunterricht oder die Unterweisung der Konvertiten. In der frühen Kirche bezeichnete man so den Unterricht für Taufbewerber. Seit dem 16. Jahrhundert versteht man darunter ein Buch für die religiöse Bildung in Kirche, Familie und Schule, das eine kurze Zusammenfassung der christlichen Heilslehre enthalten sollte.
1528 tauchte der Begriff erstmals als Buchtitel auf. Ein Jahr später erschienen die bekanntesten Werke der Reformation, der heute noch bedeutende Kleine Katechismus und Große Katechismus von Martin Luther. In der katholischen Kirche war bis in dieses Jahrhundert das wichtigste Lehrbuch der "Catechismus Romanus" von 1566, dem im Anschluss an das Konzil von Trient (1545-63) eine maßgebliche Rolle bei der Überwindung der Reformation durch die katholische Reform zukam.
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil war einerseits ein großer Wunsch nach Offenheit zu verspüren, andererseits machte sich eine Unsicherheit breit, was nun wirklich der Glaube der Kirche sei. Trotz starker, die Tradition bestätigender Aussagen in den Konstitutionen dieses Konzils, sah sich bereits Papst Paul VI. (1965-1978) 1968 veranlasst, mit dem "Credo des Gottesvolkes" die Inhalte der katholischen Glaubenslehre in kurzer, prägnanter Form vorzulegen, um "zahlreiche verwirrte Seelen" (Jaques Maritain) wieder aufzurichten.
Auch im deutschen Sprachraum hatte sich in diesen Jahren Verunsicherung breitgemacht; die Bischöfe versuchten, im schulischen Religionsunterricht einer Tendenz zur Auflösung des konfessionellen Charakters in Richtung Lebenskunde und vergleichender Religionslehre entgegenwirken. Das entsprechende Lehrbuch knüpfte an die Schulkatechismen an und erschien unter dem Titel "Botschaft des Glaubens" (1978). 1985/1995 erschien dann der "Katholische Erwachsenenkatechismus", der in zwei Bänden Glaubensbekenntnis und christliches Leben zeitgemäß darstellen sollte.
Der Weltkatechismus "KKK" sollte mit einem verbindlichen lateinischen Grundtext die Basis für die Erarbeitung landes- und gruppenspezifischer Katechismen sein und einer weltweiten Erneuerung der Katechese dienen. Aufgrund des schieren Umfang des Katechismus erschien dann 2005 zu Beginn des Pontifikats Benedikt XVI. das von ihm maßgeblich mit erarbeitete Kompendium des Katechismus. Dieses lehnt deutlich an klassische Katechismen an und stellt im Frage-Antwort-Stil die wichtigen Fragen des katholischen Glaubens und des christlichen Lebens vor. Im deutschen Sprachraum wurde zudem ein Jugendkatechismus auf der Grundlage des "KKK" erstellt, der sogenannte Youcat.
Wünsche an den Papst
In jüngerer Zeit griff Papst Franziskus in den Weltkatechismus ein. So veränderte er 2018 den Artikel zur Todesstrafe und erklärte diese für unzulässig. In der Folge wurde die Autorität des Katechismus auch von theologisch konservativer Seite in der Vereinigten Staaten diskutiert, die bislang im "KKK" einen Garanten für die Unveränderbarkeit katholischer Lehre in ihrem postkonziliaren Status vermuteten.
Zugleich hat aber auch Papst Franziskus deutlich gemacht, dass für ihn die Ausübung des Lehramts nicht am Weltkatechismus vorbeiläuft. Insofern wundert es nicht, dass auch von Seiten deutscher Bischöfe Wünsche an den Papst herangetragen werden, via Weltkatechismus die Lehre im Bereich der Sexualethik in ihrem Sinne umzuschreiben.