Vor die Reform der Priesterausbildung gehört eine Reform der Ämter
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Vor einigen Tagen gab Bischof Gerber ein Interview zur Neuordnung der Priesterausbildung. Gut, dass man das verminte Gelände endlich aktiv betritt. Gut, dass die Zahl der Ausbildungsorte nicht auf drei reduziert wird – ein zu großer Kahlschlag –, sondern dass breiter geplant wird. Gut, dass Frauen verantwortlich mitwirken sollen – aber wieder einmal befremdet, dass sie als Dienstleister eingesetzt werden für ein Amt, das ihnen selbst unzugänglich bleibt. Gut, dass die Bischöfe in Rom die Frage der Zulassung thematisierten. Gut, dass die Ausbildung aller pastoralen Berufe besser verzahnt werden soll. Gut, wenn qualifizierte Ausbildungsstätten erhalten bleiben, solche in kirchlicher Trägerschaft und solche an staatlichen Universitäten…
Aber: Den bisherigen Priesterberuf will ja kaum mehr einer ergreifen. Warum eine Ausbildung neu konfigurieren, für die es keine Nachfrage gibt? Der Beruf ist so unattraktiv geworden, dass er irgendwie, so scheint es, aus der Zeit – und aus der Kirche – herausfällt. Das sage ich, obwohl ich als Priester gerne lebe und sinnvoll wirke.
Müsste man nicht, bevor man die Ausbildung reformiert, die Ämter und Dienste selbst reformieren? Sie neu durchdenken, neu geistlich beleben und daraufhin neu konzipieren? Die Geschichte lehrt ja, dass es immer wieder Veränderungen und Vielfalt in den Ämtern gab. Was braucht die Kirche heute, um sakramental und karitativ ihren Auftrag zu erfüllen? Vielleicht neue Gestalten von Diakonat, von Ämtern der Verkündigung, der Heiligung und der Leitung? Gestalten, die attraktiv und lebbar sind? Die weniger macht-orientiert sind? Wer übrigens Reformschritte verweigert – gerade wurden in Rom wieder "rote Linien" bekräftigt –, nimmt in Kauf, dass das geistliche Amt ausstirbt. Damit stirbt auch die viel beschworene "sakramentale Grundstruktur" der Kirche. Und wie soll eine katholische Evangelisierung ohne Sakramente erfolgen? Es würden Laiengemeinden und -gemeinschaften bleiben – sehr gut, aber war da nicht die Sorge vor Protestantisierung?
Wenn attraktive Ämter und Aufgaben da sind, kann man als zweiten Schritt überlegen, wer für sie geeignet ist: Welche Qualifikationen braucht es? M/W/…? Allein oder mit anderen? Haupt-, neben- oder ehrenamtlich? Welche Weiheformen? Der dritte Schritt wäre dann die Frage, wo und wie man am besten dafür ausbildet.
Der Autor
Pater Stefan Kiechle SJ ist seit 2018 Chefredakteur der Zeitschrift "Stimmen der Zeit". Zuvor leitete er sieben Jahre die Deutsche Provinz des Jesuitenordens.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.