Umarmungen und Tränen der Rührung für den Papst im Piemont
Als Papst war Franziskus noch nie in Argentinien. Für seine beiden Vorgänger waren es Höhepunkte ihres Pontifikats, wenn sie – der eine in Bayern, der andere in Polen – in der Heimat sein konnten. Dort feierten sie mit großen Menschenmengen die Messe und hielten wichtige Ansprachen. Doch Jorge Mario Bergoglio, der einstige Erzbischof von Buenos Aires, hat das Land seiner Geburt kein einziges Mal besucht, seit er zum Papst gewählt wurde. Umso aufmerksamer verfolgen die Menschen in Italien seine Reisen in die Heimat seiner piemontesischen Vorfahren.
Zum dritten Mal nach 2014 und 2015 hat Papst Franziskus am Wochenende auf den Spuren seiner Familiengeschichte Norditalien besucht. Im Zentrum standen diesmal Treffen mit Cousinen und entfernten Verwandten in der Gegend von Asti. Erstmals bewegte auch er sich dabei im Rollstuhl – so wie manche aus der inzwischen meist hochbetagten Verwandtschaft. Die Nachrichtensendungen im Fernsehen zeigen, wie er immer wieder Hände schüttelt.
Die 90-jährige Cousine Carla Rabezzana begrüßt ihn in Portocomaro mit einer herzlichen Umarmung, als er aus seinem weißen Fiat 500 aussteigt. Erst danach kommt wieder der Rollstuhl zum Einsatz. Lokaljournalisten berichten, dass er ihr sagte, sie solle bitte aufhören zu weinen, er sei doch gekommen, um ihren Geburtstag zu feiern.
Bilder vom gemeinsamen Mittagstisch
Die Bilder vom gemeinsamen Mittagstisch der beiden Alten finden sich in den Portalen fast aller italienischen Tageszeitungen. Genauestens wird berichtet, welche piemontesischen Spezialitäten sie gegessen haben und welchen Wein der Papst am liebsten trinkt. Auch die Familiengeschichte der Bergoglios und der Familie seiner Mutter wird in allen Verästelungen ausgebreitet, mit Stationen in Asti, Turin und schließlich Buenos Aires. Stolz wird vermerkt, dass der junge Bergoglio im fernen Argentinien als erste Sprache nicht Spanisch, sondern von seiner Großmutter den piemontesischen Dialekt gelernt habe.
Den feierlichen Gottesdienst in der Kathedrale von Asti verfolgen bei sonnigem Spätherbstwetter Tausende Menschen auf den Straßen und Plätzen der Stadt. Fernsehbilder zeigen, wie manche mit Tränen der Rührung kämpfen. Andere lachen herzlich, als er in der Predigt und beim Angelusgebet ein paar Brocken auf Piemontesisch einfließen lässt. Der Papst scheint gut gelaunt. Er scherzt über sein Alter und auch über den Orts-Bischof, weil der in seiner Ansprache ein Quäntchen zu viel Lokalpatriotismus versprüht hat.
Die örtlichen Autoritäten nutzen die Gunst der Stunde, und verleihen ihm in der Bischofsresidenz die Ehrenbürgerschaft der Stadt Asti. Mit dabei ist der Präsident der Region Piemont, Alberto Cirio. Doch wie bei jedem Familienbesuch kommt auch beim Wochenendausflug des Papstes irgendwann der Augenblick des Abschiednehmens. Um möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, noch einmal einen Blick auf ihren "Landsmann" Francesco zu erhaschen, findet der Abflug des Hubschraubers, der ihn am Nachmittag nach Rom bringen soll, im Stadion von Asti statt.