Lob von KAB – Kritik von Antidiskriminierungsbeauftragter

Bischof Oster: Neues katholisches Arbeitsrecht alternativlos

Veröffentlicht am 23.11.2022 um 16:54 Uhr – Lesedauer: 

Würzburg ‐ Die allgemeine Rechtslage, Druck von der Politik, eine eventuell erwartbare Rechtsprechung von Arbeitsgerichten: Das "wird nach meiner Einschätzung alle Bistümer in Deutschland dazu bringen, die neue Grundordnung einzuführen", sagt Bischof Oster.

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Der Passauer Bischof Stefan Oster sieht keine Alternative zur flächendeckenden Einführung des von den deutschen Bischöfen beschlossenen neuen kirchlichen Arbeitsrechts. "Die allgemeine Rechtslage in Deutschland und Europa, der Druck von der Politik und eine eventuell erwartbare Rechtsprechung von Arbeitsgerichten wird nach meiner Einschätzung alle Bistümer in Deutschland dazu bringen, die neue Grundordnung einzuführen", sagte Oster der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" (online) am Mittwoch. Eine andere Möglichkeit sehe er nicht.

Oster fügte hinzu, eine Neufassung des Arbeitsrechts sei auch nötig gewesen. Positiv würdigte er den institutionenorientierten Ansatz. "So wird die Leitung einer kirchlichen Einrichtung stärker in die Verantwortung genommen, für das kirchliche Profil zu sorgen." Was die Anforderung an die privaten Lebensverhältnisse betrifft, hätte sich der Passauer Bischof nach eigenen Worten "grundsätzlich eine noch größere Differenzierung" gewünscht, "insbesondere in Bezug auf alle pastoralen Berufe". Viele Fachleute hätten aber betont, dass dies unter den gegebenen Bedingungen kaum mehr möglich sei. "Die beschlossene Änderung wird nach kirchenrechtlicher Prüfung baldmöglichst auch im Bistum Passau umgesetzt werden", sagte Oster. "Und sicher werden das viele unserer Mitarbeitenden auch mit großer Zustimmung und Erleichterung aufnehmen."

ie Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands (KAB) die Liberalisierung des kirchlichen Arbeitsrechts. "Hier konnten wichtige Aspekte und Themen des Synodalen Weges endlich auch ins kirchliche Arbeitsrecht umgesetzt werden", erklärte die KAB-Bundesvorsitzende Beate Schwittay am Mittwoch in Köln. Die Umsetzung müsse jetzt in allen Diözesen Deutschlands erfolgen. Als wichtigen Schritt bezeichnet die KAB, dass mit der neuen Verfassung des kirchlichen Dienstes der Kernbereich privater Lebensgestaltung keiner rechtlichen Bewertung unterliege und sich dem Zugriff des Dienstgebers entziehe. "Privat bleibt privat, auch in kirchlichen Einrichtungen", betonte Schwittay. Damit werde ein wichtiger Teil der bisherigen Verunsicherung und Willkür durch Dienstgeber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in kirchlichen Einrichtungen genommen.

Kritik von Antidiskriminierungsbeauftragter

Dagegen kritisierte die unabhängige Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman die neue Grundordnung. Die Reform gehe nicht weit genug, sagte Ataman am Mittwoch in Berlin. Sie forderte die Abschaffung aller Ausnahmeregeln für verkündigungsferne Arbeitsverhältnisse. Ataman wertete die neue Grundordnung als "ersten, zu zögerlichen Schritt" für einen besseren Schutz kirchlicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor Diskriminierung. Weitere Verbesserungen müssten folgen. Sie betonte, es sei "wichtig und überfällig", dass sich die Kirchen nicht mehr in das Privatleben ihrer Mitarbeiter einmischten – "also bei Menschen, die in Scheidung leben oder eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft leben".

Die Grundordnung enthalte aber zu viele Ausnahmen. So könne etwa eine Krankenpflegerin, die in einem kirchlichen Krankenhaus arbeitet, immer noch ihren Job verlieren, wenn sie aus persönlichen Gründen aus der Kirche austrete. Das sei ein "Einfallstor für Diskriminierungen". Ataman sprach sich deshalb dafür aus, die im Gleichbehandlungsgesetz (AGG) festgeschriebene "Kirchenklausel", die Ausnahmerechte für kirchliche Arbeitgeber festschreibt, zu beschränken. Anforderungen an die Religionszugehörigkeit oder an die Lebensweise von Mitarbeitenden sollte es zukünftig nur noch im engsten Verkündungsbereich geben. Im AGG steht unter Paragraf 9, Absatz 1, der Passus, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften zulässig ist. (tmg/KNA)