Französische Bischofskonferenz richtet nationalen Strafgerichtshof ein
In Frankreich nimmt der neu errichtete nationale kirchenrechtliche Strafgerichtshof (Tribunal Pénal Canonique National, TPCN) seine Arbeit auf. Am Wochenende teilte die französische Bischofskonferenz mit, dass das neue Gericht mit Datum vom Montag errichtet wurde und am 1. Januar 2023 mit seiner Arbeit beginnt. Zuständig ist das Gericht für alle kanonischen Strafsachen in ganz Frankreich, für die das Kirchenrecht nichts anderes festlegt. Die Zuständigkeit des Glaubensdikasteriums für Straftaten gegen die Sakramente und Sexualdelikte gegen Minderjährige bleibt durch das neue Gericht unberührt, ebenso die Zuständigkeit des Bischofs- oder Glaubensdikasteriums Taten, die Bischöfen zulast gelegt werden. Der Heilige Stuhl kann dem TPCN aber von Fall zu Fall die Aufgabe übertragen, über einen bestimmten ihm vorbehaltenen Fall zu urteilen.
Das Gericht wird von einem Gerichtsvikar geleitet. Außerdem sind zwei stellvertretende Gerichtsvikare und neun bis zwölf Richter vorgesehen. Der Gerichtsvikar und seine Stellvertreter müssen Kleriker sein, ebenso der vorsitzende Richter in den aus drei Personen bestehenden einzelnen Spruchkörpern, die die Fälle entscheiden. Die übrigen Richter können Laien sein. Entgegen der ursprünglichen Pläne, einen aus zwei Instanzen bestehenden Gerichtshof einzurichten, sehen die Statuten des TPCN nur eine Instanz vor. Als Berufungsinstanz wurde die Römische Rota festgelegt, das zweithöchste Gericht an der Kurie. Die Verhandlungen sind nicht öffentlich, die einzelnen Spruchkörper können von Fall zu Fall entscheiden, ob ihre Beschlüsse veröffentlicht werden.
Kirchliche Justiz durch Zentralisierung professionalisieren
Die französische Bischofskonferenz hatte im März 2021 die Einrichtung eines interdiözesanen Strafgerichts beschlossen, um kirchliche Strafverfahren professioneller und transparenter zu gestalten und die Rechtsprechung zu vereinheitlichen. Für die bislang zuständigen diözesanen und interdiözesanen Gerichte sei es aufgrund der geringen Anzahl von Fällen bislang schwierig gewesen, die nötigen Kompetenzen aufzubauen, heißt es in dem von der Bischofskonferenz veröffentlichten Pressedossier. Auf Ebene der jeweiligen Diözese bleibt in Strafsachen nur noch die Zuständigkeit des Ortsordinarius für die Durchführung kanonischer Voruntersuchungen und die Umsetzung der Urteile bestehen. Die Diözesangerichte bleiben bestehen, sind aber nicht mehr für Strafsachen zuständig. Die unabhängige Missbrauchskommission CIASE hatte in ihrem Abschlussbericht die Bischöfe darin bestärkt, den Strafgerichtshof einzurichten. Nach Angaben der Bischofskonferenz ist das neue landesweite kirchliche Strafgericht in dieser Form weltweit einmalig. Ein interdiözesanes kirchliches Strafgericht besteht bereits in den Niederlanden, wo es allerdings nur eine Kirchenprovinz gibt. Das französische Kirchengericht umfasst alle 15 Kirchenprovinzen und die unmittelbar dem Heiligen Stuhl unterstellten Bistümer Strasbourg und Metz, nicht aber die Überseegebiete.
Auch in Deutschland gibt es Pläne für neue bundesweite kirchliche Gerichte. Geplant sind eine Disziplinarordnung für Kleriker sowie die Einrichtung einer Straf- und Verwaltungsgerichtsbarkeit. Unter Leitung des mittlerweile emeritierten Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick hatte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) 2019 in einer Arbeitsgruppe entsprechende Ordnungen ausgearbeitet. Ursprünglich war geplant, die neuen Gerichte 2021 einzurichten. Der Prozess ist allerdings ins Stocken geraten. Die Errichtung überdiözesaner Gerichte liegt nicht in der Kompetenz einer Bischofskonferenz, sondern erfordert ein besonderes Mandat des Heiligen Stuhls. Der Münsteraner Bischof Felix Genn hatte nach der Vorstellung der diözesanen Missbrauchsstudie angekündigt, eine eigene diözesane Verwaltungsgerichtsbarkeit zu prüfen. Eine entsprechende Gerichtsordnung, die unter Federführung des Münsteraner Kirchenrechtlers Thomas Schüller ausgearbeitet wird, soll im Mai vorliegen.
Vor einem Jahr trat die von Papst Franziskus verfügte Reform des kirchlichen Strafrechts in Kraft. Dabei wurde das gesamte Buch VI des Codex Iuris Canonici, des kirchlichen Gesetzbuchs, umfassend erneuert. Neuerungen gab es insbesondere im Bereich der Sexual- und Wirtschaftsdelikte. In der Apostolischen Konstitution "Pascite gregem Dei", mit der er die Reform in Kraft setzte, betonte der Papst, dass die Anwendung des Strafrechts für Bischöfe eine pastorale Pflicht ist: "Die Nachlässigkeit eines Hirten, wenn es darum geht, das Strafrecht anzuwenden, macht deutlich, dass er seine Aufgabe nicht recht und treu ausübt." (fxn)