Erfolg von Franziskus' Reformen entscheide sich unter Nachfolgern

Kasper: Papst ist kein liberaler, sondern ein radikaler Reformer

Veröffentlicht am 11.12.2022 um 15:43 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Er hoffe, dass das derzeitige Pontifikat von Franziskus "kein Unfall", sondern der Beginn einer neuern Ära ist, sagt Kardinal Walter Kasper. Franziskus sei ein "evangelischer Papst" – im ursprünglichen Sinn des Wortes.

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Der Erfolg der Amtszeit von Papst Franziskus entscheidet sich nach Ansicht von Kardinal Walter Kasper unter seinen Nachfolgern. "Ich hoffe, dass das derzeitige Pontifikat kein Unfall ist, sondern der Beginn einer neuen Ära" und dass "wir ihn noch ein paar Jahre behalten können", sagte Kasper laut der Zeitung "Il Messaggero" (Sonntag) bei einem Treffen mit Journalisten in Rom.

In Bezug auf die Synodalität sprach Kasper von der "konservativsten Reform, die man sich denken kann". Bereits das Zweite Vatikanische Konzil habe gelehrt, die Kirche als communio zu verstehen, habe aber versäumt zu erklären, wie das Zusammenspiel von Bischöfen, Priestern und Laien vonstatten gehen soll. "Synodalität bedeutet das Ende des alten hierarchischen Klerikalismus", betonte Kasper. Derartige Reformen erforderten jedoch Zeit. Das könne nicht unter einem Papst geschehen; dafür brauche es zwei oder drei Amtszeiten.

Zu fundamentalistischen, konservativen Kritikern, die Franziskus von Beginn an nicht leiden mochten, gesellen sich laut Aussage von Kasper inzwischen "ideologische Progressive". Diese bestritten inzwischen, dass der Papst überhaupt Reformen wolle. Dem widersprach Kasper. Franziskus leite viele Reformen in die Wege, "für die Rechten sogar zu viele; aber er will nicht alle liberalen Reformen wie etwa beim deutschen Synodalen Weg". Der Jesuit aus Argentinien sei "kein liberaler, sondern ein radikaler Reformer, der die Kirche von der Wurzel her, vom Evangelium her, reformieren will".

Franziskus sei "evangelischer Papst" im wörtlichen Sinn

Der frühere Bischof von Rottenburg-Stuttgart und langjährige Leiter des päpstlichen Ökumene-Rates räumte ein, dass die katholische Kirche in einer Identitätskrise sei. "Was in dem Transformationsprozess, in dem wir uns befinden, ist noch gültig; was muss gültig bleiben und was muss dringend reformiert werden?", fragt Kasper.

Franziskus sei "ein evangelischer Papst, nicht im konfessionellen Sinne, sondern im ursprünglichen Sinne des Wortes" Evangelium. Absolute Priorität habe für diesen Papst nicht die Lehre, sondern "die lebendige Botschaft von Gott, dem barmherzigen Vater, der uns durch seinen Sohn erlöst hat und in der Kirche im Heiligen Geist ständig gegenwärtig ist". Daher habe in seiner Kurienreform die Behörde für Evangelisierung Vorrang vor der für die Glaubenslehre. (cbr/KNA)

11.12.2022, 17.50 Uhr: Ergänzt um weitere Details und Präzisierungen