Ein Pontifex mit Knieschmerzen und großer Mission beißt sich durch

Papst Franziskus wird 86 – Geburtstag ohne Feier

Veröffentlicht am 17.12.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Heute vollendet Papst Franziskus sein 86. Lebensjahr. Damit zählt das Kirchenoberhaupt zu den ältesten amtierenden Päpsten der Geschichte. Und wenn es nach ihm geht, ist damit trotz gesundheitlichen Beschwerden noch lange nicht Schluss.

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Er beißt die Zähne zusammen. Das Knie schmerzt. Ohne Stock und Rollstuhl geht es nicht mehr. Aber noch viel weniger ohne einen vollen Terminkalender. Der Mann hat eine Mission. Von der lässt er sich nicht abbringen. Schon gar nicht von einem lädierten Körperteil. Am 17. Dezember wird Papst Franziskus 86 Jahre alt. Damit ist der Jesuit einer der ältesten amtierenden Päpste überhaupt. Seit Beginn des Papsttums weiß man von einer Handvoll weiterer Petrusnachfolger, die genauso alt oder älter wurden. Benedikt XVI. dankte mit 85,8 Jahren ab. Der vermeintlich älteste Papst, Agatho (678-681), soll der Kirche sogar bis zu seinem 104. Lebensjahr gedient haben. Sein angebliches Geburtsjahr 577 ist allerdings mehr legendär als verbürgt.

Franziskus nimmt seinen Auftrag zur Kurienreform ernst

Dass der erste Papst aus Lateinamerika auch so lange auf dem Stuhl Petri "rollen" möchte, ist eher unwahrscheinlich. Amtsverzicht sei eine ganz normale Option, erklärte er kürzlich. Und: Prinzipiell sei es kein Problem, den Papst auszutauschen. Er selbst lege die Entscheidung in Gottes Hand. Allen Gerüchten zum Trotz dürften sich Journalisten und Gläubige so bald nicht auf schlaflose Konklave-Nächte einstellen müssen. Gerade hat Franziskus die Dauer seines Lieblingsprojekts um ein Jahr verlängert: Die katholische Weltsynode soll nun erst 2024 zu Ende gehen. Dann folgt das Heilige Jahr 2025. Zwischenzeitlich setzt Franziskus nach und nach seine 2022 endlich veröffentlichte Kurienreform durch. Er entmachtet, ernennt, räumt auf, schmeißt Statuten um.

Sein Mandat, die Kurie zu reformieren, nimmt der Argentinier mit italienischen Wurzeln ernst – sei es in Sachen Finanzen oder bei der Ernennung von Führungskräften. Laien untersuchen die Verwaltungen der Kurienbehörden; ein Kardinal landet erstmals auf der Anklagebank, und auch Frauen dürfen unter Franziskus – natürlich ungeweiht – auf höheren Positionen "mitspielen". Nicht selten stößt er in seinem Aktionismus Menschen vor den Kopf. Eines seiner liebsten Angriffsziele: der Klerikalismus. Vor Priestern oder deren Ausbildern haut er gern auf den Tisch, benutzt mitunter harsche Worte. Für Mittelmäßigkeit ist in Sachen Berufung kein Platz, noch weniger für Traditionalisten mit einem Kleidungsstil a la "Spitze der Oma". Priester, die bei der Beichte keine Absolution verleihen, sind für ihn schlicht Verbrecher.

Bild: ©picture alliance/Associated Press/Alessandra Tarantino

Zwischenzeitlich ist Papst Franziskus immer wieder auf einen Rollstuhl angewiesen.

"A braccio" heißt das, was der Papst in solchen Situationen gerne macht; aus dem Stegreif sprechen. Die vorbereiteten Reden werden in Papierform an die Audienzteilnehmer verteilt. Was dem Papst aber wirklich am Herzen liegt, kommt spontan genau von dort – etwa wenn er zum wiederholten Male Ordensleute vor Geschwätz warnt. Angenehmer sind solche spontanen Ansprachen meist für Kinder und Jugendliche. Die ruft der Papst auf, kritisch zu sein, Lärm zu machen und ihre Zukunft zu gestalten. Grundsätzlich ist und bleibt der Kontakt zu Menschen sein Elixier. Dann sei er fröhlich, erklärte Franziskus kürzlich in einem Interview. Das Papstamt passe dazu leider nicht gut; denn einfach mit den Menschen durch die Straßen zu laufen, sei unmöglich.

"Alles! Alles anders!"

Mit seinem anfangs eher ungeliebten Hilfsmittel hat sich der fast 86-Jährige derweil angefreundet. Der Rollstuhl eignet sich ausgezeichnet für Franziskus' Politik der Bilder und Gesten. Er unterstützt seine gefühlte Demut genauso wie seine Respektbekundungen, etwa wenn er trotz Sitzmöglichkeit und Schmerzen minutenlang vor indigenen Betroffenen des staatlich-kirchlichen Internatssystems in Kanada steht. Seit fast zehn Jahre ist der Mann aus Buenos Aires nun Nachfolger Petri.

Ob er rückblickend etwas anders gemacht hätte, fragten ihn gerade Journalisten. "Alles! Alles anders!", erwiderte Franziskus lachend. Aber er habe getan, was der Heilige Geist ihm sagte. "Und wenn ich es nicht getan habe, habe ich einen Fehler gemacht", fügte er hinzu. Besondere Überraschungen braucht Franziskus zu seinem Geburtstag nicht. Der ist für ihn ein Tag wie jeder andere. Außerdem macht er Überraschungen sowieso lieber selbst, verteilt über das ganze Jahr.

Von Severina Bartonitschek (KNA)