Rechtsruck in Israel mache sich für Christen immer stärker bemerkbar

Jerusalemer Benediktiner: Sind zu Weihnachten besonders wachsam

Veröffentlicht am 25.12.2022 um 10:24 Uhr – Lesedauer: 

Jerusalem/Zürich ‐ Es gebe Kreise, "die ein ausschließlich jüdisches Jerusalem wollen und Christen und Muslime als Störenfriede empfinden": Die Benediktiner in Jerusalem seien deshalb an diesem Weihnachtsfest besonders auf der Hut, sagt Pater Nikodemus Schnabel.

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Der Benediktinerpater Nikodemus Schnabel von der Dormitio-Abtei in Jerusalem hat sich in diesem Jahr auf ein schwieriges Weihnachtsfest im Heiligen Land vorbereitet. Es gebe nationalistisch-jüdische Kreise, "die ein ausschließlich jüdisches Jerusalem wollen und Christen und Muslime als Störenfriede empfinden", sagte Schnabel im Interview dem Züricher Pressedienst kath.ch (Sonntag). Gerade nach dem Schabbat, also dem Samstagabend, werde inzwischen oft Stimmung gegen die anderen Glaubensgruppen gemacht. "Mal werden wir beschimpft, mal bespuckt, mal wird randaliert". Man sei daher an Weihnachten "besonders wachsam", so Schnabel. Die Jerusalemer Dormitio-Abtei war bereits mehrere Male Zielscheibe von Attacken.

Für die Christen im Land mache sich der Rechtsruck in Israel immer stärker bemerkbar, erklärte der Mönch. "Rechtsnationale Parteien behaupten, der jüdische Charakter Jerusalems sei in Gefahr." Liberale Stimmen hingegen seien verstummt. Das wirke sich auch auf die Bräuche zum Weihnachtsfest aus. "Ich habe dieses Jahr in Jerusalem keinen einzigen Christbaum gesehen – früher gab's einen am Jaffator. Das ist aber politisch nicht mehr erwünscht."

Ähnlich hatte sich zuletzt auch der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, geäußert. Es gebe eine Vision, die jüdisch-religiöse Verbindung zur Stadt Jerusalem zu stärken, bei der Christen "ein Kollateralschaden" sind, sagte der italienische Franziskaner und oberste katholische Repräsentant im Heiligen Land im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Jerusalem. Er warnte vor einer konkreten Gefahr für das gesellschaftliche Gefüge durch die offen rassistische Haltung einiger Mitglieder der wahrscheinlichen neuen Regierung Israels. Von einer Christenverfolgung zu sprechen, sei seiner Einschätzung nach dennoch verkehrt, so Pizzaballa. (mal/KNA)