Schmid zu Liturgie-Brief: Kirche bleibt hinter Menschen zurück
Die Schweizer Theologin und ehemalige Gemeindeleiterin Monika Schmid hat den Neujahrsbrief der Bischöfe von Chur, Basel und St. Gallen kritisiert. "Haben die Gläubigen nicht auch ein Recht auf gottesdienstliches Feiern, das die Menschen abholt in ihrem Alltag, in ihrer Sprache und ihrem Selbstverständnis?", schreibt sie in einem Gastbeitrag für das Portal "kath.ch" (Dienstag). Die Liturgie habe sich im Laufe der Geschichte "immer wieder verändert (…) und zwar nicht von oben herab, sondern von der Basis her".
Sie verweist dabei auf das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65). Schon Jahre vor dem Konzil hätten Studierende und wohl auch Pfarreien neue Formen ausprobiert, etwa mit Blick auf die Muttersprache oder die Zelebrationsrichtung. "Sie haben Liturgie nicht nur als Geheimnis des Glaubens gelebt, sondern auch als Feier der Gemeinschaft miteinander in Jesus, dem Christus." Auf diesen Erfahrungsschatz habe man beim Konzil zurückgegriffen. Was damals noch verboten war, wie Messdienerinnen oder Lektorinnen, sei nach entsprechender liturgischer Praxis später approbiert worden. "Die offizielle Kirche bleibt hinter den Menschen zurück."
Viele Menschen sehnten sich nach Gottesdiensten auf Augenhöhe. "Sie wollen keinen Medizinmann am Altar, sondern Menschen, die aus ihrer eigenen tiefen Spiritualität einen Gottesdienst begleiten, Räume öffnen für die ganz eigene Gotteserfahrung."
"Gemeinsames Zeugnis braucht gemeinsame Formen und Regeln"
In dem Neujahrsbrief hatten die Bischöfe Joseph Bonnemain (Chur), Markus Büchel (St. Gallen) und Felix Gmür (Basel) betont, dass die Gläubigen ein Recht auf Gottesdienste haben, die den Regeln und Formen der Kirche folgen. "Gemeinsames Zeugnis braucht gemeinsame Formen und Regeln", so der Brief. Hier liege man oft "weit hinter unseren Möglichkeiten" zurück. Die in ihren Grundformen einheitliche Liturgie sei ein Schatz der Kirche, der Gläubigen aus aller Welt Heimat gebe: "Wir rufen deshalb nachdrücklich in Erinnerung, dass die liturgischen Formen und Regeln auch in unserem Land gemäss den Bestimmungen der Bischöfe gelten."
Laut einem Begleitschreiben geht der Brief der drei Bischöfe unter anderem auf die Messe zur Verabschiedung Schmids zurück, bei der die Gemeindeleiterin die Einsetzungsworte zur Eucharistiefeier gesprochen hatte. In dem Gastbeitrag betonte sie, die Feier sei eine Eucharistiefeier gewesen, weil "ein Priester diese gefeiert hat und das ganze Team auf wunderbare Art und Weise einbezogen hat". Es sei ihr nie darum gegangen, zu provozieren. "Ein Gottesdienst ist Heiliger Boden." Die Gottesdienste in der Pfarrei seien Ausdruck eines Miteinanders, auch der zu ihrer Verabschiedung. Es mache sie traurig, "dass dieser Gottesdienst in der Öffentlichkeit derart zerfetzt wird. Da nehmen es sich Menschen heraus, diesen Gottesdienst zu kommentieren, die keine Ahnung haben von dieser Pfarrei, die keine Ahnung haben von der Glaubenstiefe dieser Eucharistiefeier."
Gut, dass Liturgie diskutiert werde
Es sei gut, dass das Thema Liturgie diskutiert würde, so Schmid weiter. "Die Gläubigen haben ein Recht auf Gottesdienste, die aus grosser Glaubenstiefe gefeiert, Menschen berühren, Menschen stärken und in Beziehung bringen zum Göttlichen." Sie hätte sich gewünscht, dass einer der Bischöfe man einen solchen Gottesdienst mitgefeiert hätte. "Stattdessen haben Sie einen Brief geschrieben."
Im Nachgang zum Gottesdienst leitete der Churer Bischof Joseph Bonnemain gegen Schmid eine kanonische Voruntersuchung wegen liturgischen Missbrauchs ein. Kritik am Verhalten Schmids kam auch vom Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler. Schmid sei "mit dem Rammbock durch die Tür von vorne", kritisierte er. Auch wenn sich die Kirche verändern müsse, erreiche man auf diese Weise nichts. (cph)