In Rechtsstaat müssten Vereinbarungen eingehalten werden

Bischof Dieser zu Lützerath: Gewaltspirale vermeiden

Veröffentlicht am 11.01.2023 um 14:36 Uhr – Lesedauer: 

Aachen/Lützerath ‐ Am Mittwochmorgen hat die Polizei damit begonnen, den von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleort Lützerath zu räumen. Der Aachener Bischof Helmut Dieser mahnt nun zu friedlichen Protesten – und dazu, einen Kompromiss zu respektieren.

  • Teilen:

Im Konflikt um die Räumung des von Klimaaktivisten besetzten Dorfs Lützerath hat der Aachener Bischof Helmut Dieser an alle Beteiligten appelliert, keine Spirale der Gewalt in Gang zu setzen. "Friedliche Proteste sind zentraler Bestandteil einer lebendigen Demokratie", sagte Dieser laut Mitteilung seines Bistums am Mittwoch. "Zu einem glaubwürdigen Rechtsstaat gehört aber auch, dass Regeln und Vereinbarungen eingehalten werden."

Das Bistum Aachen respektiere gleichzeitig die "rechtsstaatlich errungenen Entscheidungen" und damit verbundenen Handlungskonsequenzen. "Der Ausstieg aus der Braunkohlewirtschaft ist gesamtgesellschaftlich definiert und beschlossen", betonte Dieser. "Lützerath ist der letzte Ort, der abgebaggert wird. Gerade für diesen schmerzlich errungenen Kompromiss im Ausstieg aus der Braunkohleförderung steht das Rheinische Braunkohlerevier."

Kirchenvertreter gegen Räumung des Dorfes

Klimaaktivisten haben das Dorf Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler besetzt. Der Weiler liegt direkt an der Abbruchkante. Der Energiekonzern RWE und die nordrhein-westfälische Landesregierung hatten sich im vergangenen Herbst darauf geeinigt, die Braunkohleverstromung bereits 2030 und nicht erst 2038 zu beenden. Fünf Dörfer im rheinischen Revier (Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich, Berverath) sollen erhalten bleiben und nur Lützerath den Kohlebaggern weichen. Am Mittwochmorgen begann die Polizei mit der Räumung des Dorfes, das zum Bistum Aachen gehört. Von den einst rund 100 Einwohnerinnen und Einwohnern lebt seit dem vergangenen Jahr keiner mehr in Lützerath, seit 2020 lassen sich aber vermehrt Klimaaktivisten dort nieder.

Der Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Gregor Podschun, verteidigte die Proteste in Lützerath unterdessen gegen Extremismusvorwürfe. "Ich lehne es von Grund auf ab, dass Menschen, die für den Klimawandel eintreten und dafür friedliche Protestformen wählen, als Terroristen verunglimpft werden – dazu gehört auch ziviler Ungehorsam", sagte Podschun katholisch.de am Mittwoch.

Bereits zuvor hatten Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche sich gegen die Räumung von Lützerath gewandt und ein sofortiges Moratorium gefordert. Eine Räumung berge Gefahren für Leib und Leben der Polizisten, Einsatzkräfte und der Demonstranten, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Diözesanrats der Katholik*innen im Bistum Aachen und der Superintendenten der Evangelischen Kirchenkreise Gladbach-Neuss und Jülich. Auch die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, rief am Dienstag zu Gewaltfreiheit im Konflikt um die Räumung auf. (cbr)