Graffiti, Diebstahl, Wasserwurf: In Bayern mehren sich Jesus-Attacken
Grellrot und in großen Buchstaben prangt vor dem Augsburger Dom neuerdings ein unanständiger Schriftzug: "Fick Jesus! Er hätte es gewollt!", steht da auf eine Mauer geschmiert, an der Exponate aus der Römerzeit gezeigt werden. Vandalismus ist das, klar – und nicht nur deshalb besonders ärgerlich, weil historische Zeugnisse beschmutzt wurden. Christen dürfte dieser Akt vielmehr auch deshalb schmerzen, da hier der Sohn Gottes höchstpersönlich geschmäht wird, und das auch noch so kurz nach Weihnachten, dem Feste seiner Geburt. Dabei ist das Gesudel kein Einzelfall. Zuletzt gab es in Bayern einige Fälle von Jesus-Schindluderei.
Zum aktuellen Fall am Augsburger Dom sagte die Polizei der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), es sei bei solchen Vorkommnissen von einem Schaden von mindestens mehreren Hundert Euro auszugehen. Ermittelt werde nun wegen Sachbeschädigung.
Erst im November hatte es eine Attacke auf eine katholische Augsburger Kirche gegeben, bei der Jesus verunglimpft wurde. Damals bewarfen bis heute Unbekannte das Gotteshaus Sankt Peter und Paul im Stadtteil Oberhausen mit Eiern und beschmierten es mit Graffiti. Unter anderem zu sehen: der Schriftzug "FUCK JESUS", ein Satansstern und die Zahl 666, die auf den Teufel verweist.
"Schreibt uns doch auf Insta!"
"Einen Tatzusammenhang können wir aktuell nicht ausschließen, wir ermitteln zurzeit aber nicht in einer Serie", hieß es von der Polizei weiter. Es sei durchaus möglich, dass in Oberhausen und am Dom jemand seine "Aggression, seinen Unmut gegen Kirche oder Glaube" habe ausleben wollen. Das sei jedoch nicht gesichert.
In Oberhausen ist die betroffene Kirchengemeinde nach dem Gekritzel in die Offensive gegangen: Die Schmierereien wurden mit buntem Klebeband eingerahmt und dazu Schilder mit Appellen aufgestellt. "Wer schreibt denn heute noch an die Wand??? Schreibt uns doch auf Insta!", steht etwa darauf.
Man habe mit den Schmierern ins Gespräch kommen oder sie zumindest zum Nachdenken bringen wollen, heißt es aus der Gemeinde zur Erklärung für den Schritt. Gemeldet hätten sie sich aber nicht. Andere Menschen hätten den offenen und kreativen Umgang mit den Schmäh-Graffiti dafür gelobt. Für manche Gläubige sei es gleichwohl schwer erträglich gewesen, dass das Ganze nicht direkt entfernt worden sei, gerade wegen der Jesus-Beleidigung. Auch zwei Monate nach dem Auftauchen ist die Verunstaltung noch zu sehen. Bald aber soll sie laut Gemeinde wegkommen.
Weg sind auch einige Jesus-Figuren. Aus mehreren Orten Bayerns gab es jüngst entsprechende Meldungen. Erst am Dienstag berichtete der "Münchner Merkur" von einem gestohlenen Heiland, der an einem Feldkreuz im oberbayerischen Icking hing. Vandalismus werde in diesem Fall ausgeschlossen, da die Holzfigur fachgerecht abgeschraubt worden sei, womöglich zum Verkauf. Laut Polizei liegt der Schaden bei 400 Euro. Außerdem ist den Besitzern ein großer ideeller Verlust entstanden, wie es in dem Bericht weiter heißt.
Soziologin: "Keine Ahnung mehr von Kirche und Religion" in Bevölkerung
Im niederbayerischen Pfarrkirchen wurde schon zwischen den Jahren eine Jesus-Figur aus einer öffentlichen Krippe beim Alten Rathaus entwendet – und dann im Stadtweiher versenkt. Dort entstand ebenfalls ein Schaden in Höhe von rund 400 Euro. Auch aus der Münchner Jesuitenkirche Sankt Michael verschwand ein Jesus – nämlich das Kind aus der Krippe, und das an Weihnachten. Der Schaden: ein paar Hundert Euro und Traurigkeit unter den Gläubigen.
Kirchenrektor Pater Martin Stark legte einen Zettel in seinem Gotteshaus ab: "Hier lag unser Jesus-Kindlein, das Teil unserer historischen Krippenlandschaft ist. Am 2. Weihnachtstag ist es uns leider abhandengekommen. Ich bitte denjenigen, der es vermutlich mitgenommen hat, inständig darum, die Figur uns zurückzubringen!" Erhört wurde der Jesuit bisher nicht. Doch immerhin: Dank der Spende eines Ehepaares aus dem Landkreis Fürth ist die Krippe inzwischen wieder gefüllt, ein Jesukind aus Ton liegt dort nun gebettet.
Die Düsseldorfer Soziologin Annette Schnabel liefert Erklärungsansätze für die Vorfälle. "Ein wachsender Teil der Bevölkerung hat keine Ahnung mehr von Kirche und Religion", sagte sie der KNA. Schnabel vermutet, dass insbesondere hinter den Graffiti Jugendliche steckten. "Wenn diese aus Familien ohne Verbindung zum Glauben kommen, ist es gut möglich, dass ihnen gar nicht klar ist, dass sie andere Menschen damit beleidigen." Auch sei denkbar, dass die Taten schlicht Ausdruck pubertären Aufbegehrens seien: "Da wird Kirche dann als ein Teil des Institutionengefüges, gegen das man sich wehren will, aufgefasst."