Von den Grenzen einer historischen Reise

Papstbesuch vor 25 Jahren: Kubas Kirchenfrühling war rasch zu Ende

Veröffentlicht am 21.01.2023 um 12:29 Uhr – Lesedauer: 

Havanna ‐ Es war ein historischer Besuch, als Johannes Paul II. im Januar 1998 auf Kuba eintraf. Doch an der Lage der Kirche in dem kommunistisch geprägten Karibikstaat änderte er nicht viel. Ihr Spielraum bleibt begrenzt – trotz prominenter Fürsprecher.

  • Teilen:

Zuletzt sorgte Franziskus mit Äußerungen zur Lage auf Kuba für Aufregung. "Ich liebe das kubanische Volk sehr", sagte der Argentinier dem mexikanisch-US-amerikanischen Sender Televisa Univision. "Und ich gestehe auch, ich habe eine menschliche Beziehung zu Raul Castro." Kuba sei ein Symbol und habe eine große Geschichte: "Ich fühle mich ihm sehr nahe, auch den kubanischen Bischöfen", erklärte Franziskus. Die Äußerungen waren prompt von der kubanischen Regierung ausdrücklich begrüßt und von der Opposition scharf kritisiert worden.

Mit Papst Franziskus verstehen sich die kubanischen Machthaber offensichtlich recht gut. Das Kirchenoberhaupt aus Argentinien steht der Revolution von 1959 nicht so kritisch gegenüber wie Johannes Paul II. mit seinen Erfahrungen des Eisernen Vorhangs aus Polen.

Zwei Welten trafen aufeinander

Es war damals ein historischer Besuch, als Johannes Paul II. am 21. Januar 1998 auf Kuba eintraf. Mit dem antikommunistischen Papst trafen auf der kommunistisch regierten Karibikinsel zwei Welten aufeinander: die Familie Fidel und Raul Castro, die das Land schon damals an der Spitze eines kommunistischen Ein-Parteien-Systems fast vier Jahrzehnte beherrschten – und das Kirchenoberhaupt aus Polen, das sich erfolgreich für die demokratische Öffnung des sozialistischen Osteuropas eingesetzt hatte.

Fidel Castro hat Johannes Paul II. deshalb nie vertraut. Zur Kirche hatte er immer ein sehr distanziertes Verhältnis. Zu Beginn der kubanischen Revolution ließ er Kirchen enteignen und jagte Priester außer Landes. Erst als sein der Kirche aufgeschlossenerer Bruder Raul zur Nummer eins aufstieg, näherten sich Kirche und Staat wieder an. Die Kirche wurde unter anderem zu einer Art Vermittlerin zwischen Staat und politischen Gefangenen.

Papst Franziskus und Fidel Castro
Bild: ©dpa/Alex Castro (Archivbild)

Papst Franziskus reiste 2015 nach Kuba und traf dort auch Fidel Castro.

Doch der kurze Kirchenfrühling war rasch wieder zu Ende, wie jüngst Havannas Kardinal Juan de la Caridad Garcia erklärte. "Wir stecken derzeit fest", so der Erzbischof. Zu Beginn der kubanischen Revolution habe die Regierung die Kirche beiseite geschoben. Danach habe eine Phase von Gesprächen und Dialog begonnen, in denen es Fortschritte gegeben habe. Die Kirche wolle diese Gespräche gern fortsetzen, weil den Problemen und den Bedürfnissen der Menschen keine Aufmerksamkeit geschenkt werde. Aber mit der aktuellen Regierung von Präsident Miguel Diaz-Canel, dem ersten Staatschef, der nach der Revolution geboren wurde, gibt es keine Fortschritte.

Immerhin hatte Papst Franziskus 2016 bei einem Treffen mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. auf Kuba die Rolle Havannas gewürdigt. Das Treffen auf der Insel sollte eine neue Phase der Beziehungen einleiten. Da Kuba auch Schauplatz von Friedensverhandlungen zwischen der damaligen FARC-Guerilla und der Regierung Kolumbiens war, lobte der Papst das kubanische Engagement ausdrücklich.

Spannungen häuften sich zuletzt

Auf Kuba selbst gab es dagegen zuletzt wieder Spannungen zwischen Kirche und Regierung. So musste etwa der Provinzial der kubanischen Jesuiten, Pater David Pantaleon, die Insel verlassen. Die Behörden verlängerten sein Visum nicht. Der aus der Dominikanischen Republik stammende Jesuit hatte sich kritisch zur politischen Lage geäußert. Zudem ist er auch Vorsitzender der Konferenz der Religionsgemeinschaften (CONCUR), die zuletzt ebenfalls kritische Stellungnahmen veröffentlichte.

Während Franziskus seine Nähe zu Kuba herausstellte, forderte die CONCUR zeitgleich die Freilassung der im Rahmen der historischen Sozialproteste am 11. Juli 2021 festgenommenen Demonstranten. Es seien immer "noch etwa 700 Menschen im Gefängnis". Die Nichtregierungsorganisation "Prisoners Defenders" berichtete jüngst von mehr als 1.000 politischen Gefangenen auf Kuba, darunter auch Dutzende Jugendliche.

Die Kirche auf Kuba befindet sich seitdem im Zwiespalt. Einerseits zeigt sie Verständnis für die Proteste. Doch öffentliche Kritik ist dort stets ein Drahtseilakt, wie der Fall "Pantaleon" zeigt. Konservative Katholiken in Lateinamerika wiederum fordern schon länger eine klare Positionierung des Papstes zu den Menschenrechtsverletzungen auf der Karibikinsel. Doch die bleibt aus. Und so ist auf Kuba alles irgendwie in der Schwebe – wie schon zu Zeiten von Papst Johannes Paul II.

Von Tobias Käufer (KNA)