Katholische Büros in Thüringen und Brandenburg zur Landtagswahl

"Kritische Neugier" auf die AfD

Veröffentlicht am 15.09.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Wahlen

Bonn ‐ Die katholische Kirche in Brandenburg und Thüringen ist für einen Dialog mit der in beide Landtage eingezogenen Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) offen. Das sagten die Leiter der katholischen Büros am Montag im Gespräch mit katholisch.de. Gleichzeitig hofft die Kirche auf stabile Regierungen in beiden Ländern. In Thüringen hatte die AfD bei der Landtagswahl am Sonntag nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 10,6 Prozent der Stimmen bekommen, in Brandenburg 12,2.

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Ordinariatsrat Winfried Weinrich ist Leiter des Katholischen Büros in der thüringischen Hauptstadt Erfurt, der Verbindungsstelle zur Landesregierung und zu den Parteien. Er sieht nach einigen Angaben Ansätze, an denen die Kirche mit der AfD ins Gespräch kommen könne. Dies seien vor allem schul- und familienpolitische Themen. Die Europaskepsis der Partei teile er dagegen nicht. "Bei mir ist da eine kritische Neugier auf die AfD und ich finde, wir müssen mal in Dialog kommen", so Weinrich. Bislang sei der Kirche im Bistum Erfurt nicht erkennbar, wo die neue Partei hinwolle. Sie werde in den kommenden Jahren zeigen müssen, ob sie auf landespolitischer Ebene – wahrscheinlich in der Opposition – agieren könne.

Schnittpunkte bei landespolitischen Themen

Auch die Leiterin des Katholischen Büros Berlin-Brandenburg, Martina Köppen, möchte die AfD nicht vorverurteilen, sondern mit Neugier auf die Partei zugehen. Man sehe den großen Zulauf, den die AfD habe und werde zu ihr den Kontakt halten, sagt sie katholisch.de. "Wir werden genau schauen, wo die AfD steht", so Köppen. Wichtig sei jedoch, nicht auf die Thesen im Wahlkampf zurückzuschauen, sondern herauszufinden, ob es gemeinsame Schnittpunkte bei landespolitischen Themen wie etwa der Bildungspolitik gebe.

Weinrich wünscht sich in Bezug auf das Wahlergebnis in Thüringen, das auf eine schwierige Regierungsbildung hindeute, eine stabile Regierung. Sowohl ein Bündnis von CDU und SPD als auch eines von Linke, SPD und Grüne hätten nur eine einzige Stimme Mehrheit im Parlament. Der Ordinariatsrat nannte daher eine Große Koalition von Schwarz-Rot-Grün als eine gangbare Alternative mit einer belastbaren Mehrheit.

Des Weiteren sei es dem Katholischen Büro wichtig, vor allem mit den Parteien über ins Gespräch zu kommen, die noch keine Regierungsverantwortung hatten, sagt Weinrich. Katholische Anliegen seien in etwa der Umgang mit Flüchtlingen und in der Familienpolitik die Unterstützung der Kirche für das Landeserziehungsgeld. Wichtig sei der Kirche auch das nach Haupt-, Realschule und Gymnasium gegliederte Schulsystem sowie mindestens zwei Stunden Religionsunterricht in der Woche.

Auch Köppen verweist auf Herausforderungen durch den demografischen Wandel und im Bildungsbereich für Brandenburg, die eine starke Regierung erforderten. Als "besorgniserregend" bezeichnete sie die stark gesunkene Wahlbeteiligung von 67 Prozent im Jahr 2009 auf nun 47,9 Prozent. Hier sollten sich alle demokratischen Parteien einer Analyse stellen.

AfD in drei Landtagen

Nach der Sachsenwahl vor zwei Wochen ist die AfD nun in drei Landtagen vertreten. Damals hatte der Dresdner Bischof Heiner Koch mit Blick auf das inhaltliche Profil der jungen Partei noch viele Fragen. "Mein Problem ist, dass ich nicht erkennen kann, wofür die AfD steht", sagte er Anfang September katholisch.de. Er könne sich nicht erklären, warum die Partei in Sachsen fast zehn Prozent erreicht habe, obwohl es "eine solche Unklarheit bei den Positionen" gebe, so der Bischof.

Der Görlitzer Oberhirte Wolfgang Ipolt sieht die eurokritische Haltung der Partei mit Sorge. "Langsam kommt das Europa der Regionen zum Vorschein. Wenn jetzt wieder jemand Grenzzäune ziehen will, dann ist das ein Punkt, den ich auf keinen Fall befördern will," sagte der Bischof nach der Landtagswahl in Sachsen.

Von Agathe Lukassek