Vollversammlung der Bischöfe: Treffen in herausfordernder Zeit
Das Hyperion Hotel in Dresden wirbt auf seiner Internetseite mit allerlei Annehmlichkeiten. Von komfortablen Zimmern ist da die Rede, von edler Gastronomie sowie von einem Spa-Bereich mit mehreren Saunen, einer Entspannungslounge und Vitalitätsduschen im historischen Gewölbekeller aus dem 15. Jahrhundert. Außerdem preist die Seite die Lage des Hotels mitten im Zentrum der nach historischem Vorbild wieder aufgebauten Dresdner Altstadt: "Umgeben von Residenzschloss, Hofkirche und dem Fürstenzug, sind auch der weltberühmte Zwinger und die Frauenkirche in weniger als fünf Minuten zu Fuß zu erreichen. Die nahe Semperoper und das Schauspielhaus bieten höchsten Kulturgenuss, attraktive Shoppingmöglichkeiten finden Sie ebenfalls in fußläufiger Entfernung vor."
Ob die Gäste, die ab diesem Montag in dem Hotel absteigen, Zeit und Muße für derlei Attraktionen haben, ist jedoch fraglich. Bei ihnen handelt es sich nämlich nicht um Touristen, die einfach nur ein paar schöne Tage in der sächsischen Landeshauptstadt verbringen wollen – sondern es sind die deutschen Bischöfe, die hier bis Donnerstag zu ihrer traditionellen Frühjahrsvollversammlung zusammenkommen. Und deren Tagesordnung dürfte angesichts der kirchlichen Großwetterlage mit ihren unzähligen Herausforderungen keine Zeit zur Entspannung lassen.
Synodale Großprojekte im Mittelpunkt der Tagung
Wesentlichen Raum bei der Tagung dürften die beiden synodalen Großprojekte einnehmen, die derzeit parallel in der Kirche stattfinden: der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland und der von Papst Franziskus initiierte weltweite synodale Prozess, der mit der ersten von zwei geplanten Weltbischofssynoden im Oktober im Vatikan langsam, aber sicher auf seinen Höhepunkt zusteuert. Beide Prozesse sind für die Kirche und ihren Weg in die Zukunft zweifellos eine große Chance – zugleich bergen sie jedoch enormes Konfliktpotential und die Gefahr des Scheiterns.
Beim Synodalen Weg zeigte sich das seit dessen Start im Dezember 2019 immer wieder – und zuletzt ganz konkret bei der Debatte um den geplanten Synodalen Rat. Im vergangenen September hatte sich die Synodalversammlung in Frankfurt am Main mit großer Mehrheit für die Errichtung eines solchen neuen überdiözesanen Gremiums ausgesprochen. In ihm sollen Bischöfe, Priester und Laien auch nach dem bevorstehenden formalen Ende des Synodalen Wegs gemeinsam über kirchliche Grundsatzfragen und die Verwendung von Finanzmitteln beraten und entscheiden.
Kritiker dieses Ansinnens äußerten schon kurz nach dem Beschluss die Vermutung – und wohl auch die Hoffnung –, dass der Vatikan dem Synodalen Rat einen Riegel vorschieben werde. Schließlich hatte der Heilige Stuhl selbst wenige Wochen vor der Synodalversammlung in einer Stellungnahme erklärt, dass der Synodale Weg nicht befugt sei, neue Formen der Leitung in der Kirche zu etablieren. Darauf Bezug nehmend äußerte der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer Anfang Oktober die Überzeugung, dass es beim Synodalen Rat "nicht nur um ein Beratungsgremium, sondern auch um ein Leitungsgremium" gehe. Dadurch werde "die Verantwortlichkeit der Bischöfe natürlich tangiert und eingeschränkt". Er könne sich "nicht vorstellen, dass das von Rom gutgeheißen wird".
Vatikanische Absage an den Synodalen Rat
In der Tat äußerten Kurienvertreter schonbeim Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe im November im Vatikan erhebliche Bedenken gegen den Synodalen Rat – ein Verbot wurde dort aber noch nicht ausgesprochen. Das folgte erst gut zwei Monate später: Ende Januar veröffentlichte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) einen von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und den Kardinalpräfekten Luis Ladaria und Marc Ouellet unterzeichneten Brief, in dem der geplanten Errichtung des Synodalen Rats – expliziert mit Zustimmung von Papst Franziskus – eine klare Absage erteilt wurde. Man wolle klarstellen, "dass weder der Synodale Weg noch ein von ihm eingesetztes Organ noch eine Bischofskonferenz die Kompetenz haben, den 'Synodalen Rat' auf nationaler, diözesaner oder pfarrlicher Ebene einzurichten".
Ausgelöst worden war das Schreiben durch einen Brief von fünf reformkritischen Bischöfen an den Vatikan. Darin hatten der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und die Bischöfe Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Bertram Meier (Augsburg), Stefan Oster (Passau) und Rudolf Voderholzer (Regensburg) kurz vor Weihnachten gefragt, ob sie am geplanten Synodalen Ausschuss, der den Synodalen Rat vorbereiten soll, teilnehmen dürfen oder müssen. Die Anfrage offenbarte einmal mehr die tiefen Differenzen innerhalb der Bischofskonferenz im Umgang mit den Reformanliegen des Synodalen Wegs – auch weil die fünf Bischöfe ihre anderen Mitbrüder vorher nicht über den Brief informiert hatten. "Sie können sich ja sicher vorstellen, dass wir nicht alle da gesessen und Beifall geklatscht haben", sagte der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers am Freitag im katholisch.de-Interview zur Stimmungslage unter den anderen Bischöfen nach Bekanntwerden des Schreibens.
In Dresden müssen mehrheitsfähige Kompromisse ausgelotet werden
Der Brief dürfte auch das bischöfliche Debattenklima in Dresden beeinflussen – auch, weil der DBK-Vorsitzende Bischof Georg Bätzing trotz des vatikanischen Vetos bereits klar gemacht hat, an den Plänen für den Synodalen Rat festhalten zu wollen. Der vorbereitende Synodale Ausschuss sei "durch das römische Schreiben nicht infrage gestellt", so Bätzing im Januar. Und auch der Synodale Rat werde sich "innerhalb des geltenden Kirchenrechts bewegen". Kompromissbereitschaft gegenüber den Kritikern des geplanten Gremiums signalisierte der Limburger Bischof damit nicht.
Auf die wird es in Dresden aber ankommen – gerade auch mit Blick auf die unmittelbar in der Woche danach stattfindende fünfte Synodalversammlung des Synodalen Wegs. Soll es bei dem abschließenden und in vielerlei Hinsicht entscheidenden Treffen des Reformprozesses nicht wieder zu einem Eklat wie im vergangenen September kommen – damals verhinderte eine Sperrminorität reformkritischer Bischöfe die Verabschiedung eines Grundsatzpapiers zur Erneuerung der katholischen Sexualmoral –, müssen die Bischöfe bei der Vollversammlung mehrheitsfähige Kompromisse ausloten.
„Ich bin froh, dass unser Bistum – und damit Ostdeutschland – in diesem Jahr wieder einmal Gastgeber der Vollversammlung sein darf, und ich hoffe, dass die Kirche hier vor Ort dadurch noch einmal anders und stärker wahrgenommen wird.“
Das aber dürfte vor allem mit Blick auf den Handlungstext "Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt" schwer werden. In der Vorlage für die Synodalversammlung heißt es unter anderem: "Trans- und intergeschlechtliche Personen sind Teil Gottes guter Schöpfung und haben teil an der unantastbaren Würde des gottesebenbildlich geschaffenen Menschen. Die Anerkennung der Vielfalt menschlicher Existenzweisen auch in Bezug auf die Geschlechtsidentitäten gehört zu einem glaubwürdigen Bekenntnis zum Schutz dieser Würde und muss das oberste handlungsleitende Gebot für die Kirche auch im Umgang mit trans- und intergeschlechtlichen Menschen sein." Ob es für diese Position und damit den Handlungstext die erforderliche Zweidrittelmehrheit unter den Bischöfen geben wird, ist unklar.
Mit Blick auf den weltweiten synodalen Prozess werden die Bischöfe in Dresden wohl zum einen auf das zurückliegende kontinentale Treffen in Prag zurück- und auf die bevorstehende Weltbischofssynode vorausblicken. Im Mittelpunkt dürfte dabei die Frage stehen, wie kompatibel die Beschlüsse des Synodalen Wegs mit der Weltkirche sind und wie sie sinnvoll in die Synode eingebracht werden können. Die Schwierigkeit auch hier: Mindestens bei den Reformvorschlägen, die die kirchliche Sexualmoral betreffen, dürften die Beschlüsse des deutschen Reformprozesses auf weltkirchlicher Ebene kaum eine Chance auf Umsetzung haben. Im Gegenteil, die reformkritischen deutschen Bischöfe können sich sicher sein, dass eine Mehrheit der Weltkirche ihre ablehnende Haltung teilt.
Auch Ad-limina-Besuch und Missbrauch als Themen
Weitere Themen der Vollversammlung sind der zurückliegende Ad-limina-Besuch der Bischöfe, die bei der vergangenen Herbstvollversammlung aufs Gleis gesetzte Neuausrichtung der Missbrauchsaufarbeitung – hierzu wird es in Dresden ein Pressegespräch mit den Bischöfen Helmut Dieser und Stephan Burger geben, die im Herbst die Zuständigkeit für das Thema übernommen hatten – und der bevorstehende Weltjugendtag im Sommer in Lissabon. Außerdem werden sich die Bischöfe dem weiter andauernden Krieg in der Ukraine und der sozialen, politischen und kirchlichen Lage in Madagaskar widmen.
Und vielleicht nutzen die Bischöfe ihr Treffen in Dresden auch dazu, einmal genauer auf die Situation der katholischen Kirche in Ostdeutschland zu blicken. Das hofft auch Gastgeber Timmerevers: "Ich bin froh, dass unser Bistum – und damit Ostdeutschland – in diesem Jahr wieder einmal Gastgeber der Vollversammlung sein darf, und ich hoffe, dass die Kirche hier vor Ort dadurch noch einmal anders und stärker wahrgenommen wird." Dass dieser Wunsch durchaus berechtigt ist, zeigt sich an der Geschichte der Vollversammlungen selbst. Seit der Wiedervereinigung waren die Bischöfe mit ihrer Tagung erst einmal – 1996 in Schmochtitz ebenfalls im Bistum Dresden-Meißen – im Osten zu Gast. In dieser Hinsicht hat die Bischofskonferenz also durchaus Nachholbedarf.