Aber auch römische Seite müsse mehr Fingerspitzengefühl zeigen

Theologe Tück warnt Synodalen Weg vor "weiteren Rissen im Gebälk"

Veröffentlicht am 24.02.2023 um 17:30 Uhr – Lesedauer: 
Theologe Tück warnt Synodalen Weg vor "weiteren Rissen im Gebälk"
Bild: © Privat

Wien ‐ Die Kirche in Deutschland täte gut daran, "auf weitere rhetorische Verschärfungen zu verzichten": Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück hat vor der abschließenden Synodalversammlung vor "weiteren Rissen im Gebälk" gewarnt.

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Vor der fünften und letzten Synodalversammlung des Synodalen Wegs in zwei Wochen in Frankfurt am Main warnt der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück vor "weiteren Rissen im Gebälk" der katholischen Kirche. Zu solchen Rissen werde es kommen, wenn die deutschen Bischöfe das päpstliche Veto übergingen und den geplanten Synodalen Rat als oberstes nationales Leitungsgremium verstetigen würden, so der Wiener Dogmatik-Professor am Freitag in einer Stellungnahme für die Presseagentur Kathpress.

Die Kirche in Deutschland täte gut daran, im Vorfeld der Versammlung "auf weitere rhetorische Verschärfungen zu verzichten" und die römischen Bedenken ernstzunehmen, so Tück. Eine synodale Gesprächskultur lebe davon, dass man "den anderen hört und nicht die eigenen Wünsche vorschnell mit dem Wirken des Heiligen Geistes identifiziert". Ähnlich sei es ja auch vor gut zehn Jahren in Österreich gelungen, nach einem "Aufruf zum Ungehorsam" der "Pfarrerinitiative" erneut in Dialog zu treten und entstandene Risse zu kitten, erinnerte er.

Beteuerung zu Selbstverpflichtung der Bischöfe "findiger Trick"

Konkreten Anstoß nahm Tück einmal mehr an der Einrichtung eines auf Dauer gestellten Synodalen Rates, der paritätisch aus Bischöfen und Laien nach Parametern der Generationen- und Geschlechtergerechtigkeit besetzt werden soll. Dies stelle faktisch die Einführung einer "neuen Form der Kirchenleitung" dar, wie die römische Kurie klar erkannt habe.

Die Beteuerung, die Bischöfe behielten weiterhin ihre Leitungsvollmacht, hielten sich aber in einem Akt freiwilliger Selbstverpflichtung an die jeweiligen Mehrheitsvoten des Rates, bezeichnete Tück als "findigen Trick". Eine solche Selbstverpflichtung könne für die Bischöfe schnell zu einer Form "ungewollter Gefangenschaft" werden, wenn sich die Frankfurter Synodalversammlung im März gegen das Votum von Papst Franziskus stellte. In diesem Fall "wäre ein bischöflicher Aufstand das Gebot der Stunde, um einen deutschen Sonderweg in letzter Minute abzuwenden".

Vierte Synodalversammlung
Bild: ©Synodaler Weg/Maximilian von Lachner

Die Kirche in Deutschland täte gut daran, im Vorfeld der Synodalversammlung "auf weitere rhetorische Verschärfungen zu verzichten" und die römischen Bedenken ernstzunehmen, so Tück.

Die bischöfliche Leitungsvollmacht bzw. Verfasstheit der Kirche sei ganz auf der Linie des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965), das das Bischofsamt aufgewertet und den Primat des Papstes an das Kollegium der Bischöfe rückgebunden habe. Die traditionalistische Piusbruderschaft habe dies als einen Akt der "Demokratisierung" der Kirche fehlinterpretiert. Richtig sei, dass sich das Konzil einer vorschnellen Demokratisierung sperre und die bischöfliche Autorität und den Primat des Papstes stärke.

Die Bischöfe wiederum würden vom Konzil an Gremien wie den Diözesan- oder Priesterrat rückgebunden, erinnerte Tück weiter. Es gebe also bereits Formen der kollegialen Leitung. Diese seien einem Synodalen Rat vorzuziehen, so der Theologe. Die wiederholte Beteuerung des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, die bischöfliche Autorität werde durch Einbindung in einen solchen Rat nicht beschnitten, sondern gerade gestärkt, sei "bislang ein theologisch ungedeckter Scheck".

Mehr Fingerspitzengefühl auch von römischer Seite notwendig

Auch von römischer Seite erwartet der Theologe aber mehr Fingerspitzengefühl. Dass der Papst seine Kritik den Bischöfen nicht persönlich beim jüngsten Ad-limina-Besuch mitgeteilt habe, sondern teils nur über Medien oder durch eine theologisch nicht voll durchargumentierte Setzung von "Roten Linien" durch drei Kurienkardinäle, sei mit einem synodalen Kommunikationsstil nur schwer vereinbar.

Auch dürfe Rom nicht die "tiefgehende Autoritätskrise des bischöflichen Amtes infolge der Missbrauchsskandale" übersehen, so Tück weiter. Es reiche nicht aus, formal auf eine Beibehaltung bischöflicher Letztverantwortung zu pochen, "ohne darüber nachzudenken, wie man in demokratischen Gesellschaften Leitungskompetenz verantwortlich und transparent ausübt". (stz/KNA)