Standpunkt

Persönliche Zeugnisse sind ein theologischer Erkenntnisort

Veröffentlicht am 09.03.2023 um 00:01 Uhr – Von Burkhard Hose – Lesedauer: 3 MINUTEN

Bonn ‐ Der Synodale Weg trifft sich zur letzten Vollversammlung. Burkhard Hose schickt den deutschen Bischöfen deshalb deutliche Zeilen. Sein Tenor: Bei den Themen des Reformprozesses geht es um Menschen. Er betont die Bedeutung persönlicher Zeugnisse.

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Zwei Erlebnisse der vergangenen Woche will ich Euch heute mit in die letzte Synodalversammlung geben, liebe deutsche Bischöfe. Und ich wähle bewusst diese direkte Anrede, denn ich glaube, es ist an der Zeit, persönlich zu werden.

Letzten Donnerstag erhielt ich eine Mail mit einer Taufanfrage von einem Paar, das ich seit etlichen Jahren kenne. Sie waren engagiert in der Hochschulgemeinde, ich habe sie bei ihrer Hochzeit begleitet und jetzt steht eben eine Taufe an. Die beiden schreiben mir davon, wie wichtig ihnen der christliche Glaube ist und wie sehr sie sich auch mit anderen im Glauben verbunden fühlen. Aber sie könnten es nicht verantworten, dass ihr Kind Mitglied in der Institution katholische Kirche wird, in der so viele Werte, die ihnen wichtig seien, mit Füßen getreten würden. Deshalb wollten sie sich erkundigen, ob es die Möglichkeit einer Taufe ohne Kirchenmitgliedschaft gebe.

Am Montag suchte mich eine Person auf, die eine weite Anreise auf sich genommen hatte, um mir von ihrem Leiden als queerer Mensch zu erzählen. Mit Ende 50, aufgewachsen auf dem Land in einer streng katholischen Welt, hat sich die Person ihr ganzes Leben lang versteckt und ist auch jetzt noch von der Angst bestimmt, dass ihre sexuelle Orientierung gegen die göttliche Schöpfungsordnung verstoße. Ihr Leben liege in Scherben.

Wenn Ihr Euch mit den anderen Synodal*innen ab heute zur letzten Versammlung trefft, liebe Bischöfe, dann erinnert Euch bitte immer wieder daran, dass es nicht um abstrakte Themen geht oder um kirchenpolitische Positionen, sondern um konkrete Menschen. Damit hat dieser Reformweg schließlich auch angefangen – mit dem Sichtbarwerden von Menschen, die Missbrauch und Gewalt in der Kirche erlebt haben. Ihre Schilderungen sind zu einem neuen theologischen Erkenntnisort geworden. Ihre Worte haben die Autorität, zur Bekehrung der Kirche beizutragen. Die formale Macht zur Veränderung aber liegt in Euren Händen. Es liegt jetzt an Euch, ganz persönlich.

Von Burkhard Hose

Der Autor

Burkhard Hose ist Hochschulpfarrer in Würzburg.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.