Missbrauch: Betroffene werfen Papst jahrelange Ignoranz vor
Eine argentinische Organisation von Betroffenen sexuellen Missbrauchs hat Papst Franziskus vorgeworfen, Versuche einer Kontaktaufnahme über Jahre ignoriert zu haben. Auch ein aktueller Anlauf, Franziskus in Rom zu treffen, sei gescheitert, erklärt die Nichtregierungsorganisation "Adults for Children's Rights". Das berichtet die Deutsche Welle auf ihrer spanischsprachigen Website.
Sebastián Cuattromo, einer der Mitbegründer der NGO, sagte demnach, die Weigerung des Papstes zu einem Treffen sei "schmerzlich" und zeuge "von einem historischen Unwillen, einer enormen Ungerechtigkeit entgegenzutreten". Zusammen mit seiner Mitstreiterin Silvia Piceda kritisiert Cuattromo einen "Mangel an Empathie" bei Franziskus.
Erste Kontaktversuche schon 2002
Cuattromo war in seiner Jugend in einer katholischen Schule in Buenos Aires von einem inzwischen verurteilten Geistlichen missbraucht worden. Nachdem er lange nicht über das Geschehe habe sprechen können, brachte er den Missbrauch schließlich zur Anzeige. Die Kirche von Buenos Aires unter der Leitung von Erzbischof Jorge Mario Bergoglio, dem heutigen Kirchenoberhaupt, habe darauf nur mit "tiefer Arroganz" und einer "enormen Unterschätzung der Schwere des Verbrechens" reagiert. Die ersten vergeblichen Kontaktversuche zu Bergoglio habe er schon 2002 gestartet, berichtet Cuattromo laut der Deutschen Welle. Auch nach zehn Amtsjahren von Franziskus glaube er nicht, dass die katholische Kirche ernsthaft nach Wegen suche, um alle Missbrauchsbetroffene zu entschädigen und ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. "Deshalb werden wir weiterhin darauf bestehen und darum bitten, empfangen und anerkannt zu werden."
Die NGO "Adults for Children's Rights", auf Spanisch "Adultxs por los Derechos de la Infancia" setzt sich in Argentinien für die Betroffene sexuellen Missbrauchs ein. Die Traumata nach einem sexuellen Missbrauch seien enorm, erklärt Silvia Piceda, selbst Betroffene eines Missbrauchs im familiären Kontext. Missbrauch sei ein Querschnittsproblem in vielen Bereichen der Gesellschaft. Nicht wenige Betroffene hätten einen Selbstmordversuch hinter sich, psychische Probleme oder seien drogensüchtig. Aktuell reisen Vertreter von "Adults for Children's Rights", durch Europa, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und nach Strategien der Sichtbarmachung von Kindesmissbrauch zu suchen. (gho)