Polens Regierungschef verurteilt Vorwurf gegen Johannes Paul II.
Im Streit um den Vorwurf der Missbrauchsvertuschung gegen Papst Johannes Paul II. (1978-2005) nimmt nun auch Polens Regierungschef den Landsmann in Schutz. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki erklärte in einem von ihm am Mittwoch in Sozialen Medien veröffentlichten Video: "Ich verteidige heute unseren geliebten Papst, weil ich wie die eindeutige Mehrheit meiner Landsleute weiß, dass wir Johannes Paul II. als Volk sehr, sehr viel verdanken, vielleicht alles verdanken."
Es gebe eine "Unmenge von Beweisen" dafür, dass der frühere Papst auch in der Kirche gegen "Schandtaten" gekämpft habe. Hingegen gebe es keine oder nur "sehr, sehr zweifelhafte" Belege, dass Johannes Paul II. solche Taten bewusst ignoriert habe, so Morawiecki, ohne sexuellen Missbrauch durch Geistliche beim Namen zu nennen.
Die "Attacken" auf das einstige Kirchenoberhaupt verurteilte der nationalkonservative Regierungschef scharf: "Heute tobt der Krieg nicht nur außerhalb unserer östlichen Grenze. Leider gibt es Kreise, die versuchen, bei uns in Polen keinen militärischen, aber einen Zivilisationskrieg auszulösen." Denn bei den Angriffen auf den Papst aus Polen handele es sich nicht um eine zivilisierte Debatte oder einen Bürgerstreit. Sie gehen laut ihm von Kreisen aus, die statt Tradition, Kultur und Normalität eine Revolution wollen, "die das bisherige Leben der Mehrheit der Gesellschaft auf den Kopf stellt".
Die Vorwürfe
Der Fernsehsender TVN24 hatte Johannes Paul II. am Montagabend in einem Bericht beschuldigt, in seiner Zeit als Erzbischof von Krakau in den 1970er-Jahren von Missbrauchsfällen gewusst zu haben. Trotzdem habe er die Täter weiter als Priester in Pfarreien arbeiten lassen. Auch Betroffene von sexualisierter Gewalt durch Geistliche, die Karol Wojtyla als Erzbischof unterstellt gewesen seien, kamen in dem TV-Bericht zu Wort. Einer der Priester, die des Kindesmissbrauchs beschuldigt wurden, sei vom späteren Papst nach Österreich geschickt worden. Kardinal Wojtyla habe für ihn ein Empfehlungsschreiben an den damaligen Wiener Erzbischof Kardinal Franz König geschrieben, ohne ihn über die Vorwürfe gegen den Priester zu informieren.
Der Krakauer Erzbischof Marek Jedraszewski wies die gegen Johannes Paul erhobenen Vorwürfe energisch zurück. Aktuell laufe mit "Lügen und Unterstellungen" eine "Operation zur Zerstörung der leuchtenden Erinnerung an ihn", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz am Dienstagabend bei einem Gottesdienst in Krakau. "Johannes Paul II. bleibt weiterhin ein Feind der Prediger der Gender-Ideologie, der Befürworter von Abtreibung und Euthanasie, deshalb wird versucht, ihn zu vernichten", so Jedraszewski. Es werde versucht, die Autorität des früheren Papstes zu untergraben: "Man muss seinen heiligen Namen aus unseren Herzen herausreißen." Angesichts eines "Anschlags" auf Johannes Paul II. forderte er zum Gebet und zum Ruf "Bleib bei uns!" auf. Er betonte: "Wir müssen kämpfen."
Der Koordinator der Bischofskonferenz für den Schutz von Kindern und Jugendlichen, Pater Adam Zak, sprach sich für eine "weitere Archivrecherche" aus. Sie sei für eine "gerechte Beurteilung der Entscheidungen und Handlungen" von Erzbischof Wojtyla notwendig. – Johannes Paul II. leitete von 1964 bis zu seiner Wahl zum Papst 1978 das Erzbistum Krakau. Er gilt bis heute als wichtige Autorität in Polen und wurde 2014 von der Kirche heiliggesprochen. (KNA)