Australischer Beobachter Mackinley lobt Synodalen Weg und blickt auf Weltsynode

Bischof zu Queerpastoral: Angst vor Untergrabung der Lehre ist unnötig

Veröffentlicht am 12.03.2023 um 12:00 Uhr – Von Benedikt Heider – Lesedauer: 

Frankfurt ‐ Bischof Mackinley aus Australien hat mit seinen australischen Mitbrüdern ein Papier zum queersensiblen Umgang an katholischen Schulen veröffentlicht. Im Interview erklärt er, wie Queerpastoral und Kirchenlehre nebeneinander existieren können und welche Erwartungen er an die Weltsynode hat.

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Bischof Shane Anthony Mackinley aus Australien war einer der Internationalen Beobachter des Synodalen Weges. Vor der Abstimmung zum Text über den zukünftigen Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt in der Kirche wandte er sich an die Synodalen. Sie sollen Mut haben und dem Text zustimmen. Mackinley ist im Thema: er hat im vergangenen Jahr mit seinen australischen Mitbrüdern ein Papier zum queersensiblen Umgang an katholischen Schulen veröffentlich. Im katholisch.de-Interview erklärt er, wie Queerpastoral und Kirchenlehre nebeneinander existieren können und welche Erwartungen er an die römische Weltsynode hat.

Frage: Sie haben bei der Diskussion zum Papier "Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt" die Synodalen motiviert an ihrem Weg zur festzuhalten und dem Text zuzustimmen. Wie haben Sie die Diskussion in der Aula wahrgenommen?

Mackinley: Die Diskussion war sehr freundlich und in einem guten Geist. Es standen die Menschen im Zentrum, die in der Kirche Schmerz und Schwierigkeiten erfahren. Ideologisches stand dabei nicht im Vordergrund. Leider ist das in diesem Bereich sonst oft anders. Die Diskussion vor der Abstimmung fand ich sehr gut.

Shane Anthony Mackinley im Portrait
Bild: ©KNA/Julia Steinbrecht

Shane Anthony Mackinley, Bischof von Sandhurst (Australien), am Rande der Fünften Synodalversammlung im März 2023 in Frankfurt.

Frage: In Ihrem Statement haben Sie von Australien erzählt. Sie haben von einem Papier der australischen Bischöfe berichtet, das die Sorgen und Nöte von Schülerinnen und Schülern benennt. Dabei geht es um den Umgang mit Geschlechtervielfalt. In der Kirche scheint es aber oft, dass die Lehre über dem Menschen stehe. Und die katholische Geschlechteranthropologie ist ja auch recht eindeutig.

Mackinley: Das ist kein Gegensatz. Wir müssen katholisch sein und respektvoll. Wir australischen Bischöfe versuchen in unserem Dokument nicht, eine Aussage über die Position der Kirche zur Geschlechtervielfalt zu machen. Wir widmen uns der pastoralen Praxis und nehmen die Betreuung von Kindern, Schülern und junger Menschen in den Blick. Es geht darum, wie unsere katholischen Schulen mit jungen Menschen umgehen sollten, die Herausforderungen beim Nachdenken über ihr Leben, ihre Sexualität und ihr Geschlecht haben. Es geht eben nicht darum, was wir im Religionsunterricht lehren. Wir unterrichten natürlich die katholische Lehre im Religionsunterricht. Beides ist möglich, weil wir uns dem Kern unserer christlichen Mission widmen. Und das ist eben nicht das, was die Kirche über Geschlechtervielfalt sagt. Der Kern unserer Mission ist das, was wir über Gottes Liebe zu jedem nach seinem Bilde geschaffenen Menschen sagen. Es geht um die Achtung und die Fürsorge, die wir jedem Menschen erweisen. Und weil das der Kern unseres Glaubens ist, müssen wir in diesem Zusammenhang auch nicht Stellung zur Geschlechtervielfalt zu beziehen.

Frage: Aber die Geschlechteranthropologie in der Kirche ist doch sehr eindeutig.

Mackinley: In unserem Dokument lehnen wir die Idee ab, dass das eigene Geschlecht einfach gewählt wird. Wir sagen, dass Geschlecht und Biologie verbunden sind. Dabei nehmen wir aber keine Position ein, dass es deswegen nur zwei Geschlechter gebe. Das Geschlecht sagt in diesem Verständnis etwas darüber aus, wie eine Person ist. Worin es aber eindeutig Unterschiede gibt, ist die Art und Weise, wie Menschen die Geschlechtervielfalt erleben. Dieses Erleben der Menschen ist ja ohne Frage real. Ideologische Positionen sagen 'Es gibt dies und das und das und dies'. Wir aber sagen, dass wir wissen, dass es Menschen gibt, die ihr eigenes Geschlecht auf unterschiedliche Weise erleben. Manche Menschen fühlen sich sehr wohl, andere Menschen sehr unwohl mit ihrem Geschlecht. Vor allem bei jungen Menschen kann das ein großes Problem sein. Es ist wichtig, sie in diesem Prozess zu unterstützen. Das ist auch als Kirche unsere Aufgabe. Das ist aber nicht dasselbe wie zu sagen, dass alles geht. Es geht auch nicht darum Menschen zur Geschlechtsumwandlung zu ermutigen. Aber wenn jemand an eine Anpassung denkt, wollen wir, dass die Schule einbezogen werden kann und so sichergestellt ist, dass er oder sie gute Ratschläge bekommt. Wir können helfen, endgültige Entscheidungen vernünftig zu treffen.

Frage: Glauben Sie, die Weltsynode in Rom wird das Gender-Thema thematisieren und einen Weg für die Weltkirche finden?

Mackinley: Es wäre wichtig, dass es Anerkennung gibt für diejenigen, die Genderfragen betreffen. Es braucht das Bewusstsein, dass es in der Kirche einen Platz für alle Menschen gibt – wie auch immer sie ihr Geschlecht oder ihre Sexualität erleben. Diese Stimmen finden sich auch schon im Dokument für die kontinentale Phase der Weltsynode. Ich erwarte, dass es auch bei der Weltsynode eine Diskussion darüber geben wird. Wir müssen Respekt und Unterstützung zeigen. Ich sehe aber keine Anzeichen, dass es eine Änderung in der Lehre der Kirche über Sexualität oder Geschlecht geben wird. Es könnte einen Bereich geben, in dem eine Diskussion möglich ist, wie hier beim Synodalen Weg, als über die Segnungen für Paare, die aus dem einen oder anderen Grund nicht in die Ehe passen, gesprochen wurde. Das Dokument des Synodalen Weges zur Segnung zeigt, dass dies geschehen kann, ohne die Lehre der Kirche zur Ehe zu beeinflussen.

Frage: Wie meinen Sie das?

Mackinley: Wir werden weiterhin sagen können und müssen, dass die sakramentale Ehe etwas ist, zu dem ein Mann und eine Frau berufen sind. Das ist ein Kernbestandteil der katholischen Lehre.

Frage: Es geht ja auch um den Unterschied zwischen einer Segnung und einem Sakrament… Nicht alle Menschen kennen die theologischen Feinheiten…

Mackinley: Nicht alle Menschen wissen das. Darum war es sehr wichtig, dass in dem Dokument, das der Synodale Weg beschlossen hat, eine klare Regelung getroffen wurde: es wird eine Handreichung für entsprechende Segnungsfeiern geben. Das hilft zu vermeiden, dass die Leute in der Pfarrei irgendetwas erfinden, das wie eine Ehe aussieht. Die flämischen Bischöfe waren in ihrem Schritt sehr klar. Das ist ein sehr gutes Modell.

„Es braucht das Bewusstsein, dass es in der Kirche einen Platz für alle Menschen gibt – wie auch immer sie ihr Geschlecht oder ihre Sexualität erleben. Ich erwarte, dass es auch bei der Weltsynode eine Diskussion darüber geben wird.“

—  Zitat: Bischof Shane Anthony Mackinley

Frage: Also ist es zur Unterscheidung wichtig immer wieder zu betonen, dass es sich bei Segnungen gerade nicht um ein Sakrament handelt?

Mackinley: Nein, um Himmelswillen! Man muss nicht immer sagen, was etwas nicht ist. Wir sollten damit anfangen laut zu sagen, was es ist. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Warum sprechen wir immer von Laien? Der Begriff des Laien lässt sich nur in Abgrenzung zum Kleriker verstehen. Wenn wir aber von der Taufe sprechen, dann braucht es diese negative Abgrenzung nicht. Wir haben in der Kirche keinen positiven Weg gefunden, auszusagen, was es bedeutet, ein Laie zu sein. Aber wir könnten sehr gut darüber reden, was es bedeutet, getauft zu sein. Das ist eine der Veränderungen, die Papst Franziskus bewirkt hat. Mein Vorschlag ist also – ohne die Lehre zu ändern – offen über die unterschiedlichen Situationen von Menschen zu sprechen. Und zwar positiv.

Frage: Was tun Sie als Bischof, der sich als Verbündeter und Unterstützer von – wie es in Teilen der Weltkirche heißt – "Menschen in irregulären Situationen" versteht, um bei Ihren Mitbrüdern für Ihr Anliegen zu werben?

Mackinley: Ich habe in Australien gelernt und das rate ich der Kirche, dass wir keine Angst vor diesem Thema haben. Wir müssen auf eine Art handeln, die die Menschen unterstützt. Dabei dürfen wir keine Angst haben, dass wir damit die Lehre untergraben. Es ist möglich, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen. Sehr oft sagen die Leute, dass Lösungen, die wir für Individuen finden, immer mit Prinzipien zu tun haben müssen. Natürlich sind Prinzipien wichtig, aber, die Seelsorge für ein Individuum muss sich zuerst um das Individuum drehen.

Frage: Und was könnten Sie und Ihre Mitbrüder praktisch tun?

Mackinley: Wir müssen über unsere Erfahrung sprechen. Dass es queere Menschen gibt, ist eine Realität ist unserer Kirche. Sprechen wir darüber. Wo uns Expertise fehlt, müssen wir uns die holen und diese Expertise kann uns auch helfen Grenzen zu setzen. Wir müssen ehrlich sein sagen, was wir tun, anstatt uns zu verstecken.

Frage: Und dann wird das Vorgehen respektiert?

Mackinley: Diskussion ist dabei sehr wichtig. Es ist wichtig, dass unsere Stimme zu hören ist.

Von Benedikt Heider