"Denn dann verfangen wir uns total"

Anselm Grün: Mit Verschwörungsgläubigen keine Fakten diskutieren

Veröffentlicht am 17.03.2023 um 12:09 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Verschwörungserzählungen erfreuen sich derzeit großer Beliebtheit. Doch wie mit den Menschen umgehen, die ihnen anhängen? Benediktinerpater und Bestsellerautor Anselm Grün gibt einige Tipps für das rechte Verhalten.

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Anselm Grün (78), Benediktinerpater und Bestsellerautor, hat Tipps für den Umgang mit Verschwörungserzählungen. Wenn jemand daran glaube, gehe es nicht darum, "sachlich darüber zu diskutieren, wer jetzt Recht hat. Denn dann verfangen wir uns total", sagte er im Interview des Kölner Portals "domradio.de" am Freitag. Vielmehr könne man versuchen zu ergründen, welche Angst dahinterstecke oder warum das Gegenüber so denke: Wichtig sei, "dass ich auf die Person achte."

Der Glaube an Verschwörungsmythen habe immer einen Grund, so der Pater aus dem fränkischen Kloster Münsterschwarzach. "Wahrscheinlich ist es eine Angst vor der Zukunft. Und wenn man über die Angst spricht, dann begegne ich dem Menschen wirklich." Auch flüchteten sich viele Menschen in solche Erzählungen, "weil sie sich ungehört fühlen". Insofern könne es helfen, zuzuhören und zu versuchen, jemanden zu verstehen. Wenn sich jemand hinter diesem Glauben verstecke, gelte es zu akzeptieren, das man momentan keinen Zugang zu der Person finde. Dann könne man sich sagen: "Ich gebe diesen Menschen nicht auf. Ich hoffe, dass irgendwann Versöhnung möglich ist, aber jetzt eben nicht."

Wie Versöhnung gelingen kann

Soeben ist das Buch "Zeit der Versöhnung" des Ordensmannes erschienen. Er widmet sich darin der Frage, wie Spaltung überwunden werden und Miteinander auch in Krisenzeiten gelingen kann. Verschwörungserzählungen spalteten Familien und Freundschaften, sagte der Autor. Auch in politischen Diskussionen hörten viele einander nicht mehr zu, achteten die Meinung von anderen nicht, sondern verträten einfach die eigene Position und wollten Recht haben. "Die Fähigkeit, hinzuhören und zu verstehen, wird immer kleiner."

Versöhnung könne gelingen, wenn man zunächst an den Anderen glaube, betonte Grün: "Nicht nur das Negative und das Feindliche in ihm sehe, sondern dass jeder ein Mensch ist, der die Sehnsucht nach Frieden hat." Zudem umfasse Versöhnung auch einen selbst. "Viele Menschen sind in sich selber gespalten, und die Spaltung wird dann auch nach außen übertragen." (KNA)