Wegen Dürre: Erste Bittprozession seit 150 Jahren in Südfrankreich
Wegen Dürre haben am Samstag Landwirte und Geistliche im französischen Perpignan erstmals seit 150 Jahren eine Bittprozession veranstaltet. "Während jeder Dürre schickten die Konsuln von Perpignan jemanden, um die Reliquien von des heiligen Gaudérique zu holen", erklärte der Präsident des Kulturvereins der Kathedrale Saint-Jean, Jean-Luc Antoniazzi, lokalen Medien am Wochenende. Die Prozession führte von der Kathedrale über das historische Stadttor bis zum Fluss Têt. Der heilige Gaudérique (Galdéric auf Katalanisch) war ein Bauer aus Aude, der im 9. Jahrhundert lebte und ist einer der berühmtesten katalanischen Heiligen.
Die Idee, die westgotische Tradition der Bittprozession aus dem Mittelalter wiederzubeleben und um Regen zu bitten, kam von einem ansässigen Weinbauer. "Überall in Frankreich regnet es, nur nicht bei mir", klagte er laut Medienberichten. Daraufhin habe er Anfang Februar das Bistum kontaktiert und gebeten, die Bitt-Tradition wiederaufzunehmen. Die Geschichte der Prozession reicht rund tausend Jahre zurück. Die ersten aufgezeichneten Bittgänge lassen sich ins Jahr 1014 zurückverfolgen. Seitdem wurden mehr als 800 solcher Prozessionen durchgeführt. Im 19. Jahrhundert wurde die Praxis aufgegeben.
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Seit Monaten hat es in Südfrankreich nur sehr wenig geregnet. Die Grundwasserreserven sind erschöpft. Laut dem Wetterdienst Météo France hat es seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1959 in Frankreich im Winter noch nie so lange keinen Regen gegeben. Schon im Vorjahr kam es zu ungewöhnlicher Dürre. Während im Rest Frankreichs Regenfälle im März die Situation entspannt haben, ist die Lage im Süden nach wie vor kritisch. Ursache für die zunehmende Trockenheit ist der Klimawandel, der für steigende Temperaturen und eine Zunahme von Hochdruckgebieten sorgt.
Wettersegen und Bittprozessionen in der katholischen Tradition
In der katholischen Kirche gibt es verschiedene Bräuche, die eng mit Landwirtschaft und Witterung zu tun haben. Vielerorts ist es daher ein alter Brauch, dass während der Sommermonate am Ende des Gottesdienstes der Priester einen besonderen Segen spendet. Dieser Segenswunsch gilt in dieser Zeit besonders den Früchten der Erde, die während der heißen Tage heranreifen und auf gedeihliches Wetter angewiesen sind. Daher trägt dieser Segen landläufig auch den Namen "Wettersegen": Nicht, weil mit ihm das Wetter gesegnet werden soll, sondern weil man in ihm vor allem das Gott anvertraut, was in dieser Zeit vom Wetter bedroht werden kann. In früheren Zeiten war dies besonders wichtig, als die Menschen noch hauptsächlich mit der Landwirtschaft ihren Lebensunterhalt verdienten und nur das zum Leben hatten, was sie selbst angebaut und geerntet hatten.
Die Zeit für den Wettersegen unterliegt regionalen Unterschieden. Meist kann er ab dem Markustag (25. April) gespendet werden, mancherorts ab dem Gedenktag des heiligen Georg (23. April). Früher galt häufig auch der 3. Mai als Beginn der Zeit für den Wettersegen: An ihm beging man das Fest der Kreuzauffindung. Als letzter Termin für die Erteilung des Wettersegens gilt gemeinhin das Fest der Kreuzerhöhung, also der 14. September. Mit der Festlegung von Ende April bis Mitte September fällt der Wettersegen in die Zeit des Frühlings und Sommers. Das ist der Zeitraum, der für den Anbau von Gemüse und Pflanzen von besonderer Bedeutung ist: Hier entscheidet sich, bestimmt durch das Wetter, ob es eine gute Ernte wird, ob Pflanzen gedeihen und wachsen oder ob durch Unwetter Missernten herbeigeführt werden.
In den Tagen vor Christi Himmelfahrt kennt die katholische Tradition sogenannte Flurprozessionen. Es ist die Zeit der Bitttage, die in vielen Gegenden mit Flurumgängen und Bittprozessionen begangen werden. In den Wochen, in denen die Natur in voller Blüte steht, richtet sich der Blick an den Bitttagen bereits auf die bevorstehende Ernte: "An Gottes Segen ist alles gelegen", sagt man sprichwörtlich. Und so ist es das Anliegen, Gottes Segen für die Felder und Fluren zu erbitten, das in vielen Flurumgängen zum Tragen kommt. Dabei sind Bitten und Buße eng miteinander verbunden, was gerade auch in der österlichen Bußzeit einen sehr markanten Ausdruck findet. Deswegen waren auch die Bitttage vor Christi Himmelfahrt eng mit dem Bußgedanken verknüpft; äußeres Zeichen dafür waren die violetten Paramente, die vor der Liturgiereform für diese Tage vorgesehen waren. (ben)