Bistümer sollen sich zur Klärung nach Rom wenden

Kirchenrechtler kritisiert neu geschaffene Leitungsämter in Diözesen

Veröffentlicht am 27.03.2023 um 13:14 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ In Mainz gibt es eine "Bevollmächtigte des Generalvikars", in Hamburg einen Verwaltungsdirektor: Kirchenrichter Johannes Klösges hält neu geschaffene Führungspositionen für Laien kirchenrechtlich für äußerst bedenklich.

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Der Paderborner Kirchenrechtler Johannes Klösges hat die in verschiedenen deutschen Diözesen neu geschaffenen Leitungsämter für Laien scharf kritisiert. In der aktuellen Herder-Korrespondenz (April) wirft er den Bistümern vor, mit den Konstrukten aus kirchenpolitischen Gründen bewusst das Kirchenrecht zu umgehen. Statt solche fragwürdigen Konstrukte zu schaffen, sollten sich die Diözesen zur Klärung nach Rom wenden.

Immer mehr Bistümer hatten in den vergangenen Jahren Posten wie "Verwaltungsdirektoren" oder "Bevollmächtigte des Generalvikars" geschaffen mit dem Ziel, Laien stärker in kirchliche Führungspositionen einzubinden. Konkret analysiert Klösges die neuen Positionen in den (Erz-) Bistümern Münster, Hamburg und Mainz. Alle drei Konstrukte seien aus kirchenrechtlicher Sicht "defizitär" und "beunruhigend". Im kirchlichen Gesetzbuch (CIC) klar definierte Ämter würden entstellt und ihres Sinnes entleert. Während er in den Bestimmungen zum "Verwaltungsdirektor des Bischöflichen Generalvikariats Münster" zahlreiche Widersprüchlichkeiten entdeckt, seien die Positionen betreffende Dekrete der Generalvikare des Erzbistums Hamburg und des Bistums Mainz aufgrund von Konstruktionsfehlern sogar nichti g. Die Generalvikare hätten keine gesetzgebende Kompetenz. Die obliege nur dem jeweiligen Bischof und könne nicht delegiert werden.     

"Brisante" Rechtsfolgen in der Praxis

Das betreffe auch alle Entscheidungen, die die ausfüllende Person fälle, was "brisante" Rechtsfolgen habe. Ganz praktisch hieße es zum Beispiel im Bistum Mainz, dass eine von der Bevollmächtigten des Generalvikars erteilte Dispens vom Ehehindernis der Religionsverschiedenheit den Abschluss einer kanonisch nichtigen Ehe nach sich ziehe. Wegen der fehlerhaften Konstruktion der neuen Positionen Geschädigte könnten aus dem Kirchenrecht Schadensersatzansprüche ableiten, so Klösges, der sich dabei auf Kanon. 128 des CIC beruft.

Teilweise würden durch die neuen Konstruktionen zudem Ämter und Geschäftsbereiche in einer "unguten" Form vermengt, so dass wirksame gegenseitige Kontrolle ausgehebelt sei. Eine ähnliche Umgehung des Kirchenrechts habe in der Vergangenheit zu den kirchlichen Finanzskandalen geführt. Er frage sich, ob die Kirche in Deutschland daraus "nichts gelernt" habe.

Die Lösung sieht Klösges in Rom. Er rät den deutschen Bistümern, sich an das vatikanische Dikasterium für die Gesetzestexte zu wenden. Dieses könne dann klären, ob und unter welchen Umständen gegebenenfalls von dem kirchenrechtlichen Erfordernis (c. 478 § 1 CIC), dass Generalvikar und Bischofsvikar Priester sein müssen, dispensiert werden könne. So könnten rechtlich saubere Positionen geschaffen werden. Bei einem Nein aus Rom müssten alternative Modelle in Erwägung gezogen werden. Dass bisher aber noch keine Anfrage erfolgt sei, könne nur zweierlei bedeuten: "Entweder, die handelnden Akteure wissen um diese Variante nicht. Oder man will sie schlicht nicht näher in Betracht ziehen", so Klösges. Beide Varianten seien "bedenklich". (gho)