Hildesheim: Ampelsystem bei Empfehlungen zu Umgang mit Missbrauch
Das Bistum Hildesheim will bei der Umsetzung der Empfehlungen für einen angemessenen Umgang mit Missbrauchsfällen durch ein Ampelsystem für mehr Transparenz sorgen. Wie die Diözese am Montag mitteilte, markiert die Stabsabteilung Prävention, Intervention und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in den Farben Rot, Gelb und Grün, wie weit die Diözese in der Umsetzung der jeweiligen Verbesserungsvorschläge ist. Demnach sind von den durch die beiden Missbrauchsstudien aus den Jahren 2017 und 2021 benannten 87 Empfehlungen bisher 23 vollständig (grün), 19 teilweise (gelb) und 45 noch nicht (rot) umgesetzt worden. Sobald der Bericht mit dem Ampelsystem fertiggestellt sei, werde er auf der Homepage des Bistums veröffentlicht.
"Uns ist es im Hinblick auf Transparenz sehr wichtig, ehrlich zu markieren, wie weit wir sind", so der Leiter der Stabsabteilung, Martin Richter. Viele Empfehlungen könnten meist nicht sofort umgesetzt werden, weil sie einen hohen Einsatz personeller und zeitlicher Ressourcen erforderten. "Fest steht, dass wir in unseren Aufarbeitungsbemühungen nicht nachlassen werden." Sehr wichtig sei dem Bistum dabei auch der regelmäßige Dialog mit der Aufarbeitungskommission und dem Betroffenenrat der norddeutschen Bistümer.
Schon seit längerer Zeit ist laut Bistum die Empfehlung umgesetzt worden, die Anzahl der Ansprechpersonen auszuweiten und auf die Regionen des Bistums auszuweiten . Darüber hinaus seien die personellen Ressourcen für die Aufgaben im Themenbereich sexualisierte Gewalt stark erhöht worden. Auch gebe es in der Protokollführung mehr Transparenz. So erhielten Betroffene innerhalb weniger Tage nach ihrem Gespräch mit einer Ansprechperson das Gesprächsprotokoll zur kritischen Überprüfung und könnten dann selbstständig Ergänzungen oder Änderungen am Protokollinhalt vornehmen.
Untersuchung der Beichte als Risikokonstellation?
Bisher noch nicht umgesetzt worden sei die empfohlene Untersuchung der Beichte als Risikokonstellation. "Es ist möglich, dass in einer künftigen Aufarbeitungsstudie der Fokus auf dieses Thema gerichtet wird, dies steht aber noch nicht fest", so das Bistum. Noch nicht realisiert worden sei auch die Ausweitung des Aufgabengebiets der unabhängigen Ansprechpersonen für Verdachtsfälle von sexualisierter Gewalt auf erwachsene Personen. "Das liegt daran, dass die Rahmenordnung zur Prävention sowie die Interventionsordnung der Deutschen Bischofskonferenz sich ausschließlich auf Minderjährige und Schutzbefohlene beziehen", heißt es. Hier könne das Bistum erst tätig werden, wenn die Bischofskonferenz die entsprechenden Ordnungen verändert hat.
Das Bistum Hildesheim hatte 2016 das sozialwissenschaftliche Forschungsinstitut IPP mit der Untersuchung einzelner Missbrauchsfälle in der Diözese beauftragt. Das 2017 vorgestellte Gutachten wirft mehreren früheren und gegenwärtigen Verantwortlichen im Bistum schwere Versäumnisse vor. 2019 beauftragte das Bistum erneut Juristen und Sozialwissenschaftler mit der Untersuchung von Missbrauchsfällen während der Amtszeit von Bischof Heinrich Maria Janssen (1957-1982). Die im September 2021 vorgestellten Ergebnisse brachten im Vergleich zur MHG-Studie zehn neue Missbrauchsfälle ans Licht. Janssen wurde dabei nachgewiesen, Fälle von sexualisierter Gewalt wissentlich geduldet und vertuscht zu haben. Bischof Heiner Wilmer kündigte ein weiteres Aufarbeitungsprojekt an, das den Zeitraum von 1982 bis in die Gegenwart untersuchen soll. (mal)