Campo Santo: Neue Dynamik für deutschen "Nucleus" am Petersdom
Das Gebilde, dem der Augsburger Bistumspriester Konrad Bestle (38) seit seiner feierlichen Einführung am Laetare-Sonntag nun auch offiziell vorsteht, ist ebenso historisch einmalig wie institutionell komplex: Der Campo Santo Teutonico in Rom. Er besteht aus einem Friedhof, einer Kirche, einem Theologen-Kolleg und einer Niederlassung des Görres-Gesellschaft. Und er gehört der mehr als 500 Jahre alten "Erzbruderschaft zur schmerzhaften Muttergottes".
Obwohl völkerrechtlich außerhalb des 1929 geschaffenen vatikanischen Staatsgebiets liegend, erscheint der Campo Santo Teutonico doch faktisch wie ein Teil des Vatikans – und ist in seiner materiellen Gestalt fast vollständig von diesem abhängig. Das beginnt mit den Wasserleitungen und endet mit den Zufahrtsmöglichkeiten für Baufahrzeuge.
Renovierung nicht länger aufschiebbar
Wie groß die Abhängigkeit ist, zeigt sich bei den dringend anstehenden Renovierungsarbeiten, die unter anderem wegen Wasserschäden nicht länger aufgeschoben werden können. Aus diesem Grund muss der neue Rektor sich mit dem Vatikanstaat, dem Heiligen Stuhl und dem benachbarten Domkapitel von Sankt Peter schon jetzt verständigen, wenn er etwas bewirken und den baulichen Verfall verhindern will.
Darüber hinaus muss er bei künftigen Neuerungen nicht nur alle deutschsprachigen Träger motivieren, sondern auch noch zwei mächtige externe Geldgeber zufriedenstellen. Der eine ist die Bundesrepublik Deutschland – hat doch der Bundestag bereits 2021 die beachtliche Summe von 15 Millionen Euro bereitgestellt, die nach Möglichkeit noch vor der nächsten Bundestagswahl "verbaut" oder mindestens verplant werden sollten.
Als Vertreter Deutschlands nahm Botschafter Bernhard Kotsch an der Einführung Bestles teil. Er ist, ebenso wie der Botschafter Österreichs, qua Amt Mitglied im Verwaltungsrat der Einrichtung. (Allerdings haben sich Deutschland und Österreich im Sinne einer Arbeitsteilung offenbar informell verständigt, dass sich Wien vorrangig um die andere wichtige deutschsprachige kirchliche Institution in Rom, die "Santa Maria dell"Anima", kümmert, wo ebenfalls mehrere Aufgaben und Institutionen zusammenkommen.) Beim Campo Santo wacht nun Kotsch mit darüber, dass die aus Berlin bereitgestellten Mittel zügig und effizient eingesetzt werden.
Der andere wichtige Mitspieler ist die Deutsche Bischofskonferenz, die einen kleineren Millionenbetrag zuschießen will und den Augsburger Bischof Bertram Meier zum Sonderbeauftragten für das Projekt Campo Santo Teutonico ernannt hat. Meier ist als ehemaliger Mitarbeiter des vatikanischen Staatssekretariats mit den Verhältnissen vor Ort bestens vertraut. Er kann seinem jungen Bistumspriester Bestle die nötige Unterstützung geben, falls der sich im deutsch-vatikanischen Institutionen-Gestrüpp verhaken sollte.
"Fitmachen für die Zukunft"
In seiner Predigt und in seinem Grußwort deutete Meier denn auch in zahlreichen Metaphern an, wohin die Reise gehen könnte. Er warb für eine Kultur des "Tiefgangs" und des aufmerksamen Zuhörens, die sich nicht in "Betriebsamkeit" verliert. Wegen der exponierten Stellung des Campo Santo inmitten des Vatikans sei das Hören an diesem Ort "keine Kür, sondern Pflicht". Den neuen Rektor forderte Meier auf, "ein 'synodaler Rektor' zu werden, der unterschiedliche Stimmen aufmerksam hört, darüber nachdenkt und betet, um dann verantwortet zu entscheiden."
Weiter führte Meier aus, das komplexe Gebilde Campo Santo Teutonico mit seinen verschiedenen Säulen sei keine einfache Mischung. Es sei eine "großartige Chance, die historische Bedeutung dieses Ortes, die hohe Verbindung zur Wissenschaft und das Kolleg selbst mit dem Friedhof als einen deutschsprachigen Nucleus im Schatten von Sankt Peter zu verstehen." Er ermunterte Bestle, mit einem "mutigen Blick nach vorne zu schauen auf all das, was ansteht". Dazu gehöre auch "die Weiterentwicklung des Campo Santo, das Fitmachen für die Zukunft".
Es wird erwartet, dass die Deutsche Bischofskonferenz die Einrichtung stärker als bisher als Ort der Begegnung und des religiösen und wissenschaftlichen Austauschs nutzen will. In der Tat tun sich für den Campo Santo Chancen auf: einmal im Umfeld der Weltsynode, die im Oktober 2023 und 2024 im Vatikan über eine Art Verfassungsreform der katholischen Kirche mit mehr Laien-Mitbeteiligung berät. Chancen aber ebenso mit Blick auf das Heilige Jahr 2025, in dem auch aus Deutschland große Pilgergruppen und manche Prominenz nach Rom kommen werden. Für die künftige inhaltliche Konzeption der Einrichtung könnten während dieser Großereignisse neue Formate der Begegnung und des Austauschs erprobt werden.