Kirche kritisiert abfällige Döpfner-Aussagen über Ostdeutschland
Die von der "Zeit" veröffentlichten abfälligen Aussagen des Axel-Springer-Chefs Mathias Döpfner über Ostdeutschland und die dort lebenden Menschen stoßen auch in der katholischen Kirche auf deutliche Kritik. "Als jemand, der selbst aus Ostdeutschland kommt, hier aufgewachsen ist und mit den Menschen hier zusammenlebt, kann ich mich nur sehr verwundert und irritiert zeigen über die Aussagen von Herrn Döpfner", sagte der Görlitzer Generalvikar Markus Kurzweil am Freitag gegenüber katholisch.de. Besonders problematisch sei, dass mit Döpfner ein mächtiger Verleger, der alle Mittel habe, um die öffentliche Meinung zu prägen, solche verächtlichen Aussagen getätigt habe. "Ich denke eigentlich schon, dass seine Worte Konsequenzen haben müssen", so Kurzweil.
Arnold: Döpfners Äußerungen sind "schlicht und dumm"
Der Leiter der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen, Thomas Arnold, bezeichnete Döpfners Äußerungen auf Anfrage von katholisch.de als "verstörend". "Sowohl über Ostdeutsche als auch über Verantwortungsträger unseres Landes spricht er in einer entwürdigenden Weise. Ein Kind würde ich dafür zurechtweisen", sagte Arnold. Vom Vorstandsvorsitzenden des größten deutschen Verlags erwarte er die Intellektualität und sprachliche Fähigkeit, Kritik auch im privaten Kontext angemessen zu formulieren. "Für die Aufgabe der Leitung eines so großen Verlags und die damit verbundene Verantwortung für unsere Gesellschaft wünsche ich mir eine charakterliche Größe. Seine Äußerungen zeugen nicht davon", erklärte der Akademiedirektor.
Döpfners Äußerungen über die Menschen in Ostdeutschland seien "schlicht und dumm", so Arnold weiter. Er erwarte vom Springer-Chef eine aufrichtige Entschuldigung. "Als Sachse machen mir seine Auffassungen über Ostdeutschland ernste Sorgen. Natürlich entbehrt die Annahme, alle seien Kommunisten oder Faschisten, jeder Grundlage. Es ist aber davon auszugehen, dass das von Döpfner ins Extremste verzerrte Bild über die Menschen aus der ehemaligen DDR nicht nur seine alleinige Meinung ist, sondern sich in den vergangenen Jahren in ähnlicher Weise auch bei anderen verfestigt hat", erklärte Arnold. Die Entgleisungen des Springer-Chefs zeigten ebenso wie die jüngst erschienene Streitschrift "Der Osten. Eine westdeutsche Erfindung" des Leipziger Literaturwissenschaftlers Dirk Oschmann, dass Ost und West noch lange nicht zusammengewachsen seien.
"Zeit" hatte Chatnachrichten und E-Mails Döpfners veröffentlicht
"Stattdessen pflegen zu viele in beiden Teilen der Republik das eigene Vorurteil über den anderen. Das hilft nicht", sagte der Akademiedirektor. Vielmehr brauche es die Begegnung der verschiedenen Perspektiven. "Deswegen: Wir brauchen sowohl in der Kirche als auch in der Gesellschaft mehr Ostdeutsche, die ihre Perspektiven mit einbringen. Wir brauchen die Wiederbelebung der Städtepartnerschaften zwischen Ost und West. Wir brauchen Visionen, was uns künftig als Land prägen und einen wird."
Die Wochenzeitung "Die Zeit" hatte am Donnerstag in einem Enthüllungsbericht über Döpfner aus Chatnachrichten und E-Mails des Springer-Vorstandsvorsitzenden zitiert. Über Ostdeutschland und die Ostdeutschen hieß es dort unter anderem (inklusive übernommener Rechtschreibfehler): "Die ossis sind entweder Kommunisten oder faschisten. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig." Zudem soll Döpfner laut der Zeitung zum 30. Jahrestag des Mauerfalls über die Widerrufung der Wiedervereinigung nachgedacht haben: "Meine Mutter hat es schon immer gesagt. Die Ossis werden nie Demokraten. Vielleicht sollte man aus der ehemaligen DDR eine Agrar- und Produktionszone mit Einheitslohn machen." Die Aussagen stießen nach der Veröffentlichung auf breite Kritik. Unter anderem forderte der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), den Rücktritt des Verlegers. (stz)