Die Wirtschaftsmacht Kirche steht für gute Produkte

Klosterbier und Nonnenwasser

Veröffentlicht am 21.08.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bild: © KNA
Wirtschaft

Berlin ‐ Die Bedeutung von Kirche und Religion in Deutschland scheint zu schwinden, allein im vergangenen Jahr kehrten fast 179.000 Katholiken der Kirche den Rücken. Doch der Einfluss auf die deutsche Wirtschaft ist groß. Die Kirche ist Großgrundbesitzer, mächtiger Arbeitgeber und steht für eine wertvolle Marke.

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"Es ist ein Wirtschaftsfaktor bei uns in der Bundesrepublik", bestätigt Anselm Bilgri. Den Unternehmensberater kann man getrost als Experte auf beiden Gebieten bezeichnen: Bilgri war bis 2004 Mönch im Benediktinerorden. Als Prior und Cellerar, also Wirtschaftsleiter, führte er das Kloster Andechs in Bayern, das für sein Bier berühmt ist. 100.000 Hektoliter werden dort jedes Jahr gebraut. Klöster sind laut Bilgri lange die größten Wirtschaftsbetriebe gewesen, wie die heutigen Konzerne mit verschiedensten Aktivitäten unter einem Dach.

Premium-Produkte mit Tradition

Eine Ordensschwester des Klosters Marienthal hält eine Dose Klosterbier in der Hand.
Bild: ©Markus Kremser

Eine Ordensschwester des Klosters Marienthal hält eine Dose Klosterbier in der Hand.

Um das gute Image von Produkten wie Klosterbier zu bekommen, würde so mancher Konzern vermutlich viel Geld hinblättern. Produkte mit religiösem Hintergrund würden beim Verbraucher großes Vertrauen genießen, sagt Bilgri. Sie sind meist in Premium-Bereich zu finden und werden mit Tradition verbunden. "Man hat das Gefühl, dass es nicht nur um materiellen Gewinn geht, sondern man auch einen gemeinnützigen Zweck erfüllt."

So wie beim bayerischen Mineralwasser-Hersteller Adelholzener Alpenquellen, der auch Getränke unter der Marke "Active O2" produziert. Er gehört zur Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul. Mit den Erlösen des Unternehmens finanzieren die Nonnen nach eigenen Angaben soziale Projekte. Adelholzener beschäftigt rund 400 Menschen und füllte im vergangenen Jahr mehr als 439 Millionen Flaschen ab.

"Kirchliche Unternehmen unterliegen natürlich einer besonderen Verantwortung", sagt Bilgri. "Das gilt nicht nur für ethische Standards, wie diese Unternehmen mit ihren Mitarbeitern und mit Ressourcen umgehen, sondern es geht auch um den Zweck des Geldverdienens." Die eigene Botschaft, das Gemeinnützige, Soziale, müsse immer klar sein.

Kritik wegen des kirchlichen Arbeitsrechts

Die Erwartungen an den Arbeitgeber Kirche sind hoch. So hagelte es bei der Insolvenz des katholischen Weltbild-Verlags Kritik von der Gewerkschaft Verdi und vielen Mitarbeitern. Anfang dieses Jahres musste die Weltbild-Gruppe Insolvenz anmelden, nachdem die beteiligten Bistümer den Geldhahn zugedreht hatten. Mit dem Verkauf der Mehrheit des Unternehmens an einen Investor ging die Geschichte von Weltbild als Konzern in kirchlicher Hand zu Ende.

Bild: ©dpa/David Ebener

Der Münchener Kardinal Reinhard Marx spricht bei einem Bischofstreffen in Würzburg mit demonstrierenden Mitarbeitern der existenzbedrohten Verlagsgruppe Weltbild.

Ob Ärzte, Kindergärtner oder Manager: Laut Kirchenstatistik sind die katholische und evangelische Kirche mit insgesamt 1,2 Millionen Arbeitnehmern in Deutschland der zweitgrößte Arbeitgeber nach dem öffentlichen Dienst. Und oft wird die Kirche in dieser Rolle kritisiert. So pocht zum Beispiel der katholische Wohlfahrtsverband Caritas immer wieder bei seinen Mitarbeitern auf einen Lebenswandel, der zur Moralvorstellung der Kirche passt. Das sorgt für Kritik.

Die Kirche ist auch Herr über Gebäude in bester Lage sowie Besitzer von Feldern, Wäldern und Wiesen. Allein die Gemeinden der evangelischen Kirche verfügen nach eigenen Angaben insgesamt über einen Grundbesitz von etwa 325.000 Hektar. Das muss verwaltet und bewirtschaftet werden.

Aber auch abseits der Institution Kirche ist Religion ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. An religiösen Feiertage wie Ostern und Weihnachten brummt das Geschäft - auch bei Atheisten. Im Weihnachtsgeschäft 2013 machte der Einzelhandel 18,6 Prozent seines Jahresumsatzes. Dieser lag laut Handelsverband Deutschland im November und Dezember 2013 bei 79,8 Milliarden Euro. Und an Sonntagen, Pfingstmontag oder Christi Himmelfahrt bleiben bundesweit Läden zu und Büros geschlossen - auch wenn viele den christlichen Hintergrund nicht kennen.

Von Teresa Fischer (dpa)