Mutmaßlicher Täter Edmund Dillinger war jahrzehntelang im Schuldienst

Saarland richtet Ombudsstelle für mögliche Opfer von Priester ein

Veröffentlicht am 15.04.2023 um 12:01 Uhr – Lesedauer: 

Saarbrücken ‐ Nach dem Tod eines hochdekorierten Priesters fand sein Erbe hunderte Fotos, die Missbrauch dokumentieren. Der Priester des Bistums Trier war jahrelang im Schuldienst – im Saarland richtet das Bildungsministerium nun eine Anlaufstelle für mögliche Betroffene ein.

  • Teilen:

Das saarländische Bildungsministerium will eine Ombudsstelle für mögliche Missbrauchsopfer des Priesters Edmund Dillinger einrichten, der jahrzehntelang im Schuldienst war. Das kündigte das Ministerium gegenüber der Mediengruppe Rheinische Post am Samstag an. "Es wird für uns sehr anspruchsvoll, nach so vielen Jahren dieses Thema entsprechend aufzuarbeiten. Viele Menschen, die vielleicht bei der Aufklärung helfen könnten, leben heute nicht mehr. Trotzdem ist eine transparente Aufarbeitung unser Anspruch", so Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD). Derzeit untersuche das Land, ob es während der Tätigkeit Dillingers im Saarland Hinweise auf möglicherweise unangemessenes Verhalten oder Missbrauch gegeben hat. "Da Priester keine Beamten sind und aus diesem Grund keine disziplinarrechtliche Befugnisse des Landes bestehen, sind Fälle zu dieser Person in unserem Justiziariat nicht dokumentiert. Auch die Personalakte des Priesters enthält keine Hinweise auf die geschilderten Vorwürfe", erläuterte Streichert-Clivot.

Der im vergangenen Jahr verstorbene Edmund Dillinger soll über mehrere Jahrzehnte Missbrauch begangen, seine Taten und die Betroffenen fotografiert und das Material in seinem Haus gesammelt haben. Der Neffe des Priesters fand laut einem Bericht der "Rhein-Zeitung" (Mittwoch) im Haus des Verstorbenen nach dessen Tod Kisten mit Fotografien und Hunderte Filme. Bis 1999 war Dillinger im staatlichen Schuldienst. Laut dem Bistum Trier wurde er erst 2012 kirchenrechtlich sanktioniert. Erste Vorwürfe waren bereits 1971 erhoben worden. Dillinger wurde damals zeitweilig aus Rheinland-Pfalz nach Nordrhein-Westfalen versetzt.

Bildungsministerium kritisiert Bistum Trier

Streichert-Clivot äußerte auch deutliche Kritik an den kirchlichen Verantwortlichen im Bistum Trier: "Ich empfinde es als zutiefst beschämend, wie ein Mensch, über dessen Straftaten offensichtlich kirchliche Verantwortliche seit Jahrzehnten Bescheid wussten, trotzdem in einem Umfeld eingesetzt wurde, in dem er Zugang zu Kindern und Jugendlichen hatte." Die Bildungsministerin bezeichnete es als "nicht akzeptabel", dass das Bistum Trier, das bereits Anfang Januar von Journalisten mit den Vorwürfen konfrontiert wurde, nicht in die Aufklärung involviert habe.

Der 1935 geborene Dillinger war Priester des Bistums Trier. Nach Einsätzen in der Pfarrseelsorge war er ab 1966 im Schuldienst, außerdem war er Dozent am religionspädagogischen Institut des Erzbistums Köln. Er gründete 1972 das Hilfswerk "CV-Afrika-Hilfe", Kuratoriumsmitglied des "Forums Deutscher Katholiken" und Ehrendomherr der Kathedrale in Mbalmayo (Kamerun). (fxn)