Ukraine feiert Unumkehrbarkeit des Guten, der Wahrheit und des Lebens

Ostern im Krieg: Putin feiert in Kathedrale, Selenskyj vor Kloster

Veröffentlicht am 16.04.2023 um 12:59 Uhr – Von Oliver Hinz (KNA) – Lesedauer: 

Kiew/Moskau ‐ Heute feiern orthodoxe Christen das Osterfest. Auch in Russland und der Ukraine wurde die Auferstehung Christi gefeiert. In der Ukraine galt eine nächtliche Ausgangssperre, so dass die Menschen erst am Sonntagmorgen Gottesdienste besuchen konnten.

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Die orthodoxen Christen in Russland und der Ukraine feiern vor dem Hintergrund des Krieges an diesem Wochenende Ostern. Kreml-Chef Wladimir Putin besuchte in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale die Osternacht, die der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. zelebrierte. Der Regierungschef stand mit großem Abstand zu den Gläubigen neben Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin, in der Hand eine rote Kerze. Am Ende des Gottesdienstes schenkten Putin und Kyrill I. einander verzierte Ostereier

In seinen vom Kreml veröffentlichten Osterglückwünschen schrieb Putin an seine Landsleute: "Das wunderbare, sehr beliebte Osterfest gibt den Gläubigen Hoffnung, inspiriert zu guten Gedanken und Taten und dient dazu, hohe moralische Ideale und Werte in der Gesellschaft zu stärken." Mit "großer Zufriedenheit" hob er "die schöpferische, wirklich selbstlose Arbeit der Russischen Orthodoxen Kirche und anderer christlicher Konfessionen" hervor, die das Ziel habe, das historische und kulturelle Erbe zu bewahren, soziale Probleme zu lösen und die Institution Familie zu stärken. Russlands Krieg gegen die Ukraine sprach Putin nicht an. 

In der Ukraine galt auch an Ostern eine nächtliche Ausgangssperre, so dass die Menschen oft erst am Sonntagmorgen Gottesdienste besuchen konnten. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in einer Videobotschaft vor dem Kiewer Höhlenkloster, man feiere an Ostern den Glauben an die Unumkehrbarkeit der Siege des Guten, der Wahrheit und des Lebens. "An diesem Tag vor einem Jahr haben wir alle dafür gebetet, dass die Ukraine überlebt. Heute beten wir, dass die Ukraine siegen wird", so Selenskyj. Man warte und bitte nicht nur, sondern die Ukrainer würden diesen Sieg selbst schaffen.

Die moralische Verantwortung der russischen Orthodoxie im Ukrainekrieg

Ein Glaubenskrieg ist der Angriff Russlands auf die Ukraine nicht. Doch er sei eine Bekenntnisfrage, betont der Ostkirchenexperte Thomas Kremer: Es gehe nicht nur um christliche Werte, die sichtbar mit Füßen getreten werden, sondern um die religiöse Deutungshoheit über Geschichte und Geopolitik.

Patriarch Kyrill sprach sich in Moskau für eine Beendigung des russisch-ukrainischen Konflikts aus. "Wir müssen mit der Kraft unseres Gebetes, unserer guten Taten und unserer guten Absichten alles in unserer Macht Stehende tun, damit dieser Konflikt so schnell wie möglich beendet wird, damit Frieden und ein gemeinsames gutes Leben, brüderliche Beziehungen unsere Völker wieder vereinen, die früher eine einzige Nation, die Rus, waren", wandte sich das Kirchenoberhaupt an beide Länder. Das mittelalterliche Großreich Rus gilt als Vorläuferstaat von Russland, der Ukraine und Belarus. 

Keine Waffenruhe wie an Weihnachten

Einen Waffenstillstand forderte Kyrill jedoch nicht. Dagegen hatte er zum orthodoxen Weihnachtsfest beide Konfliktparteien zu einer 36-stündigen Feuerpause aufgerufen, damit die Menschen an den Gottesdiensten teilnehmen könnten. Putin entsprach nach eigenen Angaben diesem Wunsch. Die Ukraine beschuldigte Moskau, die Angriffe trotzdem fortgesetzt zu haben. 

Kyrill I. ist ein wichtiger Verbündeter Putins. Die Predigten des Patriarchen für den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine sorgten international für Empörung. Erst am Donnerstag berichtete das Moskauer Patriarchat erneut von seiner Unterstützung für die russischen Soldaten in der "Zone der speziellen Militäroperation", wie der Kreml den Angriffskrieg gegen die Ukraine nennt. In Moskau habe ein Bischof einen Altar und eine Ikonenwand für ein Kirchenzelt gesegnet, in dem Angehörige der russischen Streitkräfte in der Ukraine Gottesdienste feiern sollen, so das Patriarchat. Großbritannien, Litauen und Kanada haben Kyrill I. wegen seiner Unterstützung des russischen Angriffs mit Sanktionen belegt. 

In der orthodoxen Kirche wird aufgrund unterschiedlicher Kalender in diesem Jahr eine Woche nach der katholischen und evangelischen Kirche Ostern gefeiert. Laut einer Umfrage wollten sechs Prozent der Russinnen und Russen eine Oster-Messe besuchen. Den kirchlichen Feiertag halten demnach 29 Prozent für wichtig. Damit liegt er auf Platz drei nach Neujahr und dem Tag des Sieges über Nazi-Deutschland. 

Unterdessen gab es auch am Sonntag Gefechte in der von Russland angegriffenen Ukraine. Nach Angaben der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche zerstörte eine russische Rakete eine Dorfkirche in der Region Saporischschja. In Snihuriwka wurden laut der ukrainischen Militärverwaltung zwei Jugendliche durch russischen Beschuss getötet sowie unter anderem ein Krankenhaus, ein Kulturzentrum und Wohngebäude beschädigt. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich kaum unabhängig überprüfen.

Von Oliver Hinz (KNA)