"Viele ärgerten sich gewaltig"
Frage: Herr Direktor Sattler, hätten die Kirchen angesichts der Folgen nicht besser auf diese Rechtsänderung verzichtet?
Sattler: Bequemer wäre das für uns gewesen. Besser aber wahrscheinlich nicht. In diesem Jahr riefen sehr viele Kirchensteuerzahler bei den Kolleginnen und Kollegen an, die für das Thema Kirchensteuer zuständig sind. Viele ärgerten sich erst mal gewaltig über die vermeintlich neue Abgabe. Wir klärten darüber auf, dass es keine neue Kirchensteuer gibt und niemand auch nur einen Cent mehr bezahlen muss. Ein Einzugsverfahren hat sich geändert. Sonst nichts. Dann wurde in den Gesprächen aber auch ein Zweites deutlich. Viele wissen nicht, was die Kirche mit dem Geld macht und ob sie uns vertrauen können.
Frage: Wie sind Sie damit umgegangen?
Sattler: Wir haben darüber informiert, dass wir über die Verwendung der Kirchensteuer ausführlich Rechenschaft geben. Dass Wirtschaftsprüfer unsere Jahresrechnung eingehend prüfen. Und dass diese genauso wie der Haushaltsplan genehmigt werden muss vom Diözesansteuerausschuss, einem Gremium, dessen Mitglieder mehrheitlich gewählte Laien sind.
Die Kirchensteuer ist aus mehreren Gründen sinnvoll. Sie ist gerecht, weil die Kirchenmitglieder nach Maßgabe ihrer veranschlagten Einkommensteuer ihren Beitrag leisten. Wer Kinder hat oder nur ein geringes Einkommen, wird entlastet. Dank der Kirchensteuer können wir als Kirche dem Wohl aller Menschen dienen: mit Seelsorgern, mit Schulen, mit dem Erhalt unseres kulturellen Erbes, mit vielfältigen sozialen Diensten.
Frage: Offenkundig haben die Verantwortlichen erkannt, dass es Ärger geben würde. Im Sommer gab es eine Informationsoffensive. Broschüren wurden gedruckt und an die Kirchenmitglieder verteilt. Hat das gefruchtet?
Sattler: Das lässt sich nicht eindeutig feststellen. Jedenfalls informiert die Broschüre genau über das neue Verfahren. Sie finden Sie zum Nachlesen auch auf der Website des Bistums unter www.bistum-regensburg.de. Wir haben dort außerdem häufig gestellte Fragen rund um das Thema "Kirche und Finanzen" beantwortet.
Frage: Dass Banken, Versicherungen und Kapitalgesellschaften die Konfessionszugehörigkeit ihrer Kunden künftig beim Bundeszentralamt für Steuern abfragen, hat auch bei Datenschützern Stirnrunzeln ausgelöst. Waren diese Sorgen berechtigt?
Sattler: Ich bin da kein Fachmann, aber ich bin überzeugt, dass es nicht so ist. Die Banken erhalten die Informationen in verschlüsselter Form. Das Religionsmerkmal wird als sechsstellige Kennzahl mitgeteilt. Die Banken müssen die Daten in einer gesicherten und kontrollierten Umgebung verarbeiten, ausschließlich zu dem einen Zweck. Es muss technisch und organisatorisch dafür gesorgt werden, dass jede andere Nutzung ausgeschlossen ist.
Frage: Was können Kirchenmitglieder tun, die mit dieser Praxis nicht einverstanden sind, ohne dass sie sich ihrer Steuerpflicht entziehen wollen?
Sattler: Jeder, der das will, kann der Weitergabe des "Religionsmerkmals" widersprechen und schriftlich einen Sperrvermerk beim Bundeszentralamt für Steuern beantragen. Die Kirchensteuer wird dann nicht automatisch einbehalten, muss dann aber weiter wie bisher mit der persönlichen Steuererklärung auch auf Kapitalerträge abgeführt werden. Das Finanzamt wird dazu auffordern. Nähere Informationen zu dem Sperrvermerk und das Formular dazu finden sich auf der Website des Bundeszentralamts für Steuern.
Das Interview führte Christoph Renzikowski (KNA)