Jahrzehntelanges herzloses und kaltblütiges Handeln im Erzbistum

Betroffene schockiert über Zollitsch und Freiburger Missbrauchsbericht

Veröffentlicht am 18.04.2023 um 12:41 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Der Freiburger Missbrauchsbericht ist da – und Betroffene im Erzbistum reagieren schockiert auf dessen Ergebnisse. Dabei kritisieren sie vor allem den früheren Personalchef und Alterzbischof Robert Zollitsch.

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Missbrauchsbetroffene haben sich schockiert über die Ergebnisse des Berichts zu sexualisierter Gewalt und Verschleierung im Erzbistum Freiburg gezeigt. Die Untersuchung dokumentiere schwarz auf weiß, dass der Kirche "missbrauchte Kinder und verletzte Kinderseelen über Jahrzehnte gleichgültig waren", heißt es in einer ersten Stellungnahme des Betroffenenbeirats im Erzbistum. Dagegen seien die Täter grausamster Verbrechen geschützt worden.

Aus Sicht der Betroffenen belastet die Studie vor allem den früheren Personalchef des Bistums und Alterzbischof Robert Zollitsch. Unter seiner Führung sei die Kirche ein "Schutzraum für Täter" gewesen und eine "Hölle für Kinder, die sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren und keine Hilfe erhalten haben". Zollitsch, so der Beirat, habe das Wohlergehen der Priester und das Ansehen der Kirche immer über das Wohl der missbrauchten Kinder gestellt. Täter hätten sich in Sicherheit wiegen können, durch Versetzungen und Verschleierungen sei immer wieder neues Leid entstanden, das leicht hätte verhindert werden können.

Jahrzehntelanges herzloses und kaltblütiges Handeln

Die Betroffenen werfen der Führungsebene im Erzbistum jahrzehntelanges herzloses und kaltblütiges Handeln vor. "Bis in das Jahr 2014 scheint im Ordinariat eine menschlich nicht nachvollziehbare Kälte und Gleichgültigkeit gegenüber Missbrauchsvorwürfen und vor allem gegenüber Betroffenen geherrscht zu haben", erklärte der Beirat.

Der 600-seitige Missbrauchsbericht wurde am Vormittag vorgestellt. Ähnlich schweres Versagen wie Zollitsch wird darin dessen Vorgänger Oskar Saier (1978-2002) vorgeworfen. Beim amtierenden Erzbischof Stephan Burger (seit 2014) fanden die Autoren der Untersuchung keinen Hinweis auf Vertuschung. Der Leiter der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Freiburg, Magnus Striet, geht von mehr als 250 Priestern aus, die des Missbrauchs schuldig sind oder beschuldigt werden. Die Zahl der Opfer gab Striet mit mindestens 540 an. Zugleich betonte er, dass diese Zahlen mit großer Vorsicht zu sehen seien, weil von einem erheblich größeren Dunkelfeld auszugehen sei. (tmg/KNA)

Abschlussbericht der AG Machtstrukturen und Aktenanalyse

Der Abschlussbericht der AG Aktenanalyse der GE-Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der Erzdiözese Freiburg schlüsselt die Ergebnisse auf fast 600 Seiten auf und ist im Volltext online verfügbar. Für den Bericht zeichnen der Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht a. D Eugen Endress und  Oberstaatsanwalt a. D. Edgar Villwock verantwortlich.