Glückszahl
"Im gesamten Judentum ist die 13 eine Glückszahl", sagt der Augsburger Bibelwissenschaftler Jürgen Werlitz. Zwar tauche die Zahl als solche im Alten Testament nur 29 mal auf. Aber vor allem eine Passage habe in sich. In dem vermutlich im vierten Jahrhundert vor Christus verfassten Buch Ester wird der "dreizehnte Tag des zwölften Monats" für das Volk Israel zum Schlüsseldatum. An diesem Tag, so heißt es da, plante der persische Großwesir Haman die Vernichtung des jüdischen Volkes. Allein durch das Eingreifen Esters wurde das Vorhaben nicht in die Tat umgesetzt. Das Purimfest erinnert bis heute an den guten Ausgang dieser Episode.
Werlitz verweist allerdings auch noch auf die "Gematria", eine andere Auslegungsmethode. Sie hat damit zu tun, dass die hebräische Sprache ähnlich wie das Lateinische oder Griechische keine Ziffern kennt: Zahlen werden mittels Buchstaben dargestellt.
Bei Juden wie Mathematikern positiv besetzt
Aus diesem Umstand leitet sich die "Wortsummenberechnung" ab. Und die zeigt beispielsweise, dass der Gottesname "JHWH" den Wert 26 ergibt. 26 geteilt durch 2 ist? Richtig: 13. Zufall oder nicht: 13 ist auch der Wert des Wortes "ächad" ("einzig"), der grundlegenden Eigenschaft Gottes im Gebet "Schma Jisrael" ("Höre Israel"), und 13 Eigenschaften sind es, die Gott im Buch Exodus zugeschrieben werden.
Wo wir gerade beim Zählen sind: Auch in der Mathematik weckt die 13 eher Freude unter Forschern statt Abscheu bei den Abergläubigen. "Primzahlen, zu denen auch die 13 gehört, sind in der Mathematik von grundlegender Bedeutung", sagt der Geschäftsführer des Bonner "Hausdorff Center for Mathematics", Michael Meier. So versuche man aktuell, sehr große Zahlen in Primzahlen zu zerlegen. Interessant sei das etwa hinsichtlich der Sicherheit von Kryptographieverfahren zur Verschlüsselung von Daten, beispielsweise im Internet.
Auch in der sogenannten Fibonnaci-Folge taucht die 13 auf. Mit dieser Zahlenfolge, bei der sich die jeweils folgende Zahl durch Addition der beiden vorherigen Zahlen ergibt, beschrieb der italienische Mathematiker Leonardo Fibonnaci zu Beginn des 13. Jahrhunderts das Wachstum einer Kaninchenpopulation. "Später fand Johannes Kepler dann heraus, dass diese Folge auch mit dem aus Kunst und Architektur bekannten Goldenen Schnitt verwandt ist", so Meier.
Unglück erst im Neuen Testament
Bei soviel Gutem und Schönen: Für den schlechten Ruf der 13 hilft ein abermaliger Blick in die Bibel, allerdings ins Neue Testament. Das Letzte Abendmahl nahm Jesus bekanntlich mit seinen zwölf Jüngern ein - ergibt insgesamt 13. Christliche Interpreten machten aus Judas Ischariot, der Jesus an die Römer auslieferte, den Unheil bringenden Gast Nummer 13. Zusammen mit dem Freitag, dem Tag, an dem Jesus am Kreuz starb, wurde daraus das ultimative Unglück: Freitag, der 13.
Trotzdem dauerte es, bis sich diese Lesart durchsetzte, betont der Münchner Volkskundler Rainer Wehse. Inzwischen aber sei der Mythos übermächtig. So verzichteten schätzungsweise rund 80 Prozent aller großen Hotels aus Aberglaube darauf, das 13. Stockwerk korrekt auszuweisen. Wobei dieser Befund hauptsächlich für die westliche Welt gelte. In Asien etwa sei sieben die Unglückszahl.
"In allen uns bekannten Kulturen wurden Zahlen bestimmte Symbole zugesprochen", fasst Wehse zusammen. Seine Vermutung: "Es muss etwas mit dem menschlichen Gehirn zu tun haben." Das neigt nach Ansicht des Kölner Psychologen Peter Groß dazu, sich sehr gut Dinge vorstellen zu können, "die es in Wirklichkeit gar nicht gibt" - inklusive dem "Gerede" um die Unheil bringende 13. Groß rät dazu, sich davon auch 2013 nicht ins Bockshorn jagen zu lassen: "Wer weiß schon, was die Zukunft bringt?"
Von Joachim Heinz