Studie untersucht die Bedeutung von Allerheiligen

Gedenken statt Klamauk

Veröffentlicht am 28.10.2012 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Allerheiligen

Bonn ‐ Tradition gegen Mode, Kerzen gegen Kürbisse - seit den neunziger Jahren schien es, als könne Halloween auch für den katholischen Feiertag Allerheiligen zur Gefahr werden. Doch wer das befürchtet hatte, kann sich beruhigt wieder der Grabpflege zuwenden: Denn Allerheiligen hat noch immer einen festen Platz im Kalender - zumindest bei den Menschen im Rheinland.

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Dies haben vier Studierende der Universität Bonn unter Leitung von Katrin Bauer vom Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie herausgefunden. Gefördert vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) hatten sich die Akademiker aufgemacht, das Brauchtum am 1. November zu erkunden. In dieser Woche wurden die Ergebnisse der Untersuchung der Öffentlichkeit präsentiert.

Isabeu Peter und Mariola Maria Szumilas haben Friedhöfe in Bonn und am Niederrhein besucht. Für die Menschen, die sie dort trafen, habe sich die Bedeutung des Feiertags Allerheiligen verändert: Es seien weniger die Heiligen, die im Zentrum ihres Gedenkens stünden. Stattdessen erinnerten sie sich an die Angehörigen, die sie im Laufe der Jahre verloren hätten. "Ich war erstaunt, welch tiefe Bedeutung der Friedhofsgang für die Menschen hatte. Viele kamen von weit her, um sich am Grab der Eltern, Großeltern oder anderer Verwandten zu treffen", erinnerte sich Szumilas. Ihr kam es so vor, als sei der Friedhof für viele Menschen ein Ort, sich ihrer selbst zu vergewissern.

Projektleiterin Katrin Bauer bestätigte diese These: "In unserer mobilen Gesellschaft ist Allerheiligen ein Ankerpunkt an dem sich auch weit voneinander entfernt wohnende Verwandte treffen und etwas unternehmen. Und genau wie Weihnachten, ist es auch ein Punkt, an dem sie zur Ruhe kommen." Dass es sich um einen religiösen Feiertag handelt, spielte für die meisten Interviewpartner laut den Ergebnissen der Untersuchung eine untergeordnete oder gar keine Rolle - für sie zählte das Beisammensein und die Erinnerung.

Halloween auf dem Rückzug?

Dass der 1. November als Feiertag jedoch nicht ausgedient hat, meint Student Philipp Bönders auch im Einzelhandel zu erkennen. Er hat beobachtet, welche Dekoration in den Geschäften angeboten wird: vor allem Kürbisse und Kränze. Zudem hat er mit Geschäftsführern gesprochen und dabei den Eindruck gewonnen, dass die Halloween-Utensilien auf dem Rückzug sind: "Das hat mich schon überrascht. Vor einigen Jahren waren die Läden ja voll mit Halloween-Sachen." Zumal das aus den USA kommende Fest zumindest im Privatfernsehen immer noch einen sehr hohen Stellenwert hat.

Damit Allerheiligen auch für die Jugend von heute nicht an Bedeutung verliert, setzen einige katholische Kirchen auf einen "Trick": Im Rahmen der Halloween-Partys, die von vielen Heranwachsenden besucht werden, wird versucht, die Jugendlichen auch für Allerheiligen zu interessieren. "Mit der Verbindung zum Tod wird versucht, eine Brücke zwischen den drei Festen zu schlagen", erläuterte Szumila.

Insgesamt zeigt sich in der Studie auch, dass Kultur und Brauchtum etwas sehr Dynamisches sind: Trends werden aufgenommen und in die alten Bräuche integriert. Die Vermutung liegt daher nahe, dass es irgendwann nicht mehr heißt: Allerheiligen oder Halloween sondern Allerheiligen und Halloween.

Von Michael Richmann

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