Es braucht eine Debatte um das innerkirchliche Solidaritätsverständnis
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Ein "ganz großer Brocken" komme da auf Dresden-Meißen zu, sagte Bischof Timmerevers, als er den Sparkurs für sein Bistum vorstellte. In Zahlen heißt das konkret: Mit 31,5 Millionen Euro müssen künftig die Katholiken jährlich auskommen, 17,5 Millionen sollen ab 2026 jedes Jahr gespart werden. Was für andere Diözesen Deutschlands Peanuts sind, bedeutet für die Diözese im Osten der Republik 35 Prozent weniger pro Jahr.
Dabei hat sie seit der Wiedervereinigung nicht schlecht gewirtschaftet. Aber Ende 2025 laufen die Solidaritätsbeiträge der westdeutschen für die ostdeutschen Diözesen aus. Schon seit 2018 werden sie Schritt für Schritt zurückgefahren. Das Ziel: 0 Euro für andere. Eine Nachfolgeregelung ist derzeit nicht in Sicht. Vielleicht liegt es daran, dass die demografischen Veränderungen und die exponentiell anwachsenden Kirchenaustrittszahlen erwarten lassen, dass in allen Diözesen Deutschlands schneller als gedacht der Gürtel enger geschnallt werden muss. Vielleicht ist es auch das Gefühl, der Osten hat jetzt den Status der Blühenden Landschaften erreicht. Mehr sei deswegen nicht notwendig.
Natürlich könnte man einer solche Positionen entgegnen, dass gerade die areligiösen Regionen des Landes mit ihrer polarisierten Gesellschaftssituation eine Kirchenstruktur brauchen, die nicht weiter ausgedünnt werden darf. Aber längst geht es nicht mehr um ein Ost-West-Problem in der Kirche Deutschlands. Vielmehr führt der "ganz große Brocken" aus Dresden vor Augen, dass wir die öffentliche Debatte um unser innerkirchliches Solidaritätsverständnis brauchen. Was sie anderen als sozialethische Grundlage predigt, muss auch für sie selbst gelten. Natürlich: Wenn der Mantel für alle kürzer wird, wird das Abgeben deutlich mühsamer. Deswegen lohnt der Streit über inhaltliche Kriterien eines "Bistumsfinanzausgleich", der über einen Notfallfonds hinausgeht. Es braucht jetzt den Mut zum strukturierten Finanzausgleich, für neue Partnerschaften zwischen deutschen Diözesen und einer veränderten Schwerpunktsetzung für überdiözesane Aufgaben. In einem synodalen Gremium könnten die Ideen Mehrheiten und damit innerkirchliche Akzeptanz finden.
Den Ostbistümern steht mit Blick auf 2026 schon jetzt das Wasser bis zum Hals. Es wird deswegen allerhöchste Zeit, darüber zu streiten. Bevor in ganz Deutschland zur Missbrauchskrise die Finanzkrise hinzukommt. Nachdem das vergangene Jahrzehnt der Kirche die Frage stellte, warum sie nicht gemäß ihres Auftrags handelte, wird die nächste Dekade fragen, für wen sie eigentlich noch da sein will. Wenn für diese Suche eine Haltung der Solidarität dahinterliegt, wird es nicht einfacher. Aber glaubwürdiger – sowohl in als auch zwischen den Diözesen in Deutschland.
Der Autor
Thomas Arnold ist Leiter der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.