Erstkommunion: Wenn die Kirchenkrise zur Chance wird
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Ich habe Glück: In der Agnespfarrei haben wir in diesem Jahr dreimal Erstkommunion gefeiert. 54 Kinder waren in diesem Jahr dabei. Diese Gottesdienste gehören für mich zu den Highlights des Jahres. Auf einer Stufe mit Weihnachten und Ostern. Von mir aus könnte jede Woche Erstkommunion sein. Damit unterscheide ich mich vielleicht von Katharina Goldinger, die vor ein paar Tagen an dieser Stelle geschrieben hat, sie halte die derzeitige Form der Erstkommunionfeiern für ungeeignet.
Verblüffend ist, wie sehr gerade in diesen Gottesdiensten bei uns vor allem im gemeinsamen Singen und freiem Gebet eine tragende Gemeinschaft erlebbar wird. Das ist in Zeiten, in denen die Kirche in ihren Führungskadern restlos an Autorität eingebüßt hat nicht wenig. Aber vermutlich liegt in der institutionellen Verwahrlosung und in den Leerstellen, die dort entstehen eine Chance. Wo die Menschen keine oder nur noch wenig Erwartungen an die spirituelle Kompetenz einer ermüdeten und ausgezehrten geistlichen Elite haben, da lohnen sich meiner Erfahrung nach gerade Investitionen. Denn die Sehnsüchte der Menschen bleiben ja: Teilhabe, Trost, Gemeinschaft, die über den Augenblick hinaus besteht; unverzweckte Annahme, Wertschätzung und Liebe. Investition bedeutet dann schlicht, im Feiern über diese Sehnsüchte nicht schnöde hinwegzugehen.
Womit wir beim Kern der Eucharistie angekommen sind: Bei uns lesen Kinder die Lesung im Gottesdienst. Die berühmte und doch sehr rätselhafte Stelle aus dem Korintherbrief mit den Einsetzungsworten: „Das ist mein Leib“. In der Katechese habe ich diesen Satz für die Menschen übersetzt. Meines Erachtens ist sie ein Echo der Dornbuschszene aus dem Ersten Testament: "Ich bin da, und zwar ganz und gar, vor allem auch dann, wo keine Menschenseele mehr da ist." Mehr Realpräsenz geht nicht, finde ich. Im Evangelium haben wir die Brotwundergeschichte gelesen. Die Kinder haben sie parallel mit ihren Händen gezeigt. "Gebt ihr ihnen zu essen!" heißt es da. Die Kinder haben mit Händen auf die Menschen in der Kirche gezeigt. "Und alle aßen und wurden satt." Da haben sie mit der Hand über ihren Bauch gestrichen. Und die anderen Menschen im Gottesdienst auch. Jesus, der – anders als Menschen es vermögen – mit dem Teilen niemals aufhört. Über alle denkbaren Grenzen hinweg. Mehr göttliche Realpräsenz kann ich mir mit Verlaub nicht vorstellen.
Damit will ich nicht sagen, dass Erstkommunionfeiern nicht auch an den Menschen vorbei gefeiert werden. Es muss aber halt nicht so sein. Die biblischen Geschichten und sakramentalen Zeichen haben immer noch eine verwandelnde Kraft. Jedenfalls dort, wo sie nicht verstellt, sondern schlicht ins Fließen gebracht wird.
Der Autor
Peter Otten ist Pastoralreferent in der Pfarrgemeinde St. Agnes in Köln. Seit einigen Jahren bloggt er unter www.theosalon.de.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.