Die katholische Kirche profitiert stark von System "otto per mille"

Beiträge für Kirche: Die Italiener entscheiden bei der Verteilung mit

Veröffentlicht am 01.05.2023 um 12:29 Uhr – Von Anita Hirschbeck (KNA) – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Die Kirchensteuer ist für viele Menschen in Deutschland einer der Gründe, aus der Kirche auszutreten. In Italien gibt es auch eine Art Abgabe für Religionsgemeinschaften. Doch sie funktioniert gänzlich anders.

  • Teilen:

Die Kirchensteuer ist in Deutschland immer wieder Stoff für hitzige Debatten – und sie ist für viele Menschen der Anstoß für einen Austritt. In Umfragen rangiert sie regelmäßig unter den wichtigsten Gründen, warum Menschen die katholische oder evangelische Kirche verlassen, auch wenn sie meist nicht der Hauptgrund ist.

Eine "echte" Kirchensteuer als zusätzliche Abgabe gibt es in dieser Form nur in Deutschland und der Schweiz. Auch in Italien – dem Land, das den Vatikan und die meisten Bischöfe in Europa beherbergt – profitieren Religionsgemeinschaften von einer Art Beitrag aus der Einkommenssteuer. Das System mit dem Namen "otto per mille" ("Acht von Tausend") ist ebenfalls Gegenstand von Diskussionen. Dennoch: Viele Italienerinnen und Italiener entscheiden sich aktiv dafür, ihre Abgabe der katholischen Kirche zukommen zu lassen.

Nicht "oben drauf" erhoben

Diese Möglichkeit zur Mitbestimmung ist ein Clou des italienischen Systems, das gänzlich anders funktioniert als das deutsche. Alle Einkommensteuerpflichtigen geben unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit 0,8 Prozent für soziale und kulturelle Zwecke ab. Das Geld wird also nicht "oben drauf" und nur für Kirchenmitglieder erhoben wie in Deutschland, sondern wird von dem Betrag umgeleitet, der sowieso entrichtet werden muss. So hat die katholische Kirche 1,13 Milliarden Euro im Jahr 2020 erhalten. In Deutschland beliefen sich die Kirchensteuereinnahmen für die katholische Kirche 2021 auf 6,73 Milliarden Euro.

Die Mitbestimmung funktioniert in einem beschränkten Rahmen: Die Behörden geben unterschiedliche Träger vor, denen das Geld per Unterschrift zugute kommen kann. So können Italienerinnen und Italiener entweder den Staat oder eine Reihe von religiösen Trägern wählen, darunter die katholische Kirche, mehrere evangelische Kirchen sowie jüdische, hinduistische und buddhistische Verbände – jedoch keine Nichtregierungsorganisation oder gesellschaftspolitische Einrichtung.

Mehrere Helle Säulen, davor eine sitzender Mann
Bild: ©andrea-goeppel.de (Symbolbild)

Gerade aufgrund ihres sozialen Engagements genießt die Kirche in Italien einen guten Ruf.

Laut italienischem Finanzministerium wählen fast 60 Prozent der Einkommenssteuerpflichtigen gar keinen Träger aus. Ihr Beitrag wird gemäß dem Schlüssel verteilt, den die restlichen rund 40 Prozent definieren. Diejenigen, die eine Auswahl treffen, entscheiden sich meist für die katholische Kirche (70 Prozent). An Platz zwei steht der Staat (24 Prozent).

Ein Grund für die Erstplatzierung der Kirche dürfte der hohe Katholikenanteil in der italienischen Bevölkerung sein (rund 80 Prozent). Außerdem genießt die Kirche in Italien einen guten Ruf. Das liegt etwa an ihrem sozialen Engagement, das oftmals intensiver und sichtbarer als das staatliche ist. Mit jährlichen großangelegten Kampagnen wirbt die Kirche zudem für eine Abgabe zu ihren Gunsten. Die aktuelle stellte die italienische Bischofskonferenz am Donnerstag im Vatikan vor. Sie wird kommenden Dienstag veröffentlicht.

Neue Kampagne

Die Kampagne rückt alltägliche Gesten der Hilfsbereitschaft in den Mittelpunkt. "Dies ist eine wichtige Botschaft: Tue eine Tat der Liebe", sagte der Generalsekretär der Italienischen Bischofskonferenz, Erzbischof Giuseppe Baturi. Mit ihrem Beitrag aus der Einkommenssteuer könnten die Menschen etwas Gutes für andere tun.

Die neuen Plakate, Social-Media-Auftritte sowie Fernseh- und Radio-Spots hat die Werbeagentur Wunderman Thompson erdacht, die auch Kampagnen für internationale Konzerne macht. Rund eine Million Euro zahlte die Bischofskonferenz für ihre Dienste. Im Vergleich zu früheren Kampagnen seien die Kosten gesunken, versicherte der zuständige Referent der Bischofskonferenz, Massimo Monzio Compagnoni. In einer Ausschreibung habe sich Wunderman Thompson gegen acht Mitbewerber durchgesetzt – auch wegen der niedrigeren Kosten.

Kritiker blicken skeptisch auf die Kommunikationsstrategie. Anders, als es die Kirche in ihren Werbespots nahelegt, fließe nur ein kleiner Teil in soziale Zwecke, bemängeln sie. Ein Großteil komme dem Klerus zugute. Die Bischofskonferenz bemüht sich hier um Transparenz. In ihrer bisherigen Werbekampagne erklärt sie, dass sie ihren Beitrag jährlich für mehr als 8.000 Sozial-, Kultur-, und Seelsorgeprojekte verwendet - sowie für den Lebensunterhalt von 33.000 Priestern.

Von Anita Hirschbeck (KNA)