Freiburger Oberhirte sichert nach Studie konsequentes Vorgehen zu

Erzbischof Burger: Für Missbrauchstäter keine Schonzeit

Veröffentlicht am 01.05.2023 um 16:34 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg/Mannheim ‐ Es könne nicht sein, dass Kirche ein Schutzraum für Täter ist: Nach dem Freiburger Missbrauchsbericht kündigt Erzbischof Stephan Burger entschiedenes Handeln an – und nimmt in Sachen Aufarbeitung auch andere Bistümer in die Pflicht.

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Nach der Veröffentlichung des Berichts über Missbrauch im Erzbistum Freiburg sichert Erzbischof Stephan Burger ein konsequentes Vorgehen der Kirche zu. Durch die Aufarbeitung würden auch weitere, bislang unbekannte Fälle bekannt werden, die man konsequent verfolgen werde, sagte er dem "Mannheimer Morgen" (Dienstag): "Klar ist, dass es für die Täter keine Schon- und Schutzzeit gibt", fügte er auch mit Blick auf seinen Amtsvorgänger Robert Zollitsch hinzu, dem das Gutachten systematische Vertuschung und Missachtung des Kirchenrechts vorwirft.

Die Kirche habe als System Missbrauch ermöglicht, räumte der Erzbischof ein. "Es kann und darf aber nicht sein, dass Kirche ein Schutzraum für Täter ist." Als langjähriger Offizial, also Leiter des Kirchengerichts im Erzbistum, habe er keine Kenntnis von dem hundertfachen Missbrauch gehabt und ohne Auftrag des Erzbischofs auch nicht selbstständig tätig werden dürfen, fügte Burger hinzu.

Der Erzbischof will als stellvertretender Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz auch auf die Bistümer einwirken, die bislang noch keine eigene Studien in Auftrag gegeben haben: "Es kann nicht sein, dass sich die eine oder andere Diözese vor der Aufgabe drückt."

Zollitsch und der Missbrauch – was Recht ist, war für ihn nur lästig

Beim Freiburger Missbrauchsbericht kommt das Kirchenrecht in den Blick: Die Erzbischöfe Saier und Zollitsch fühlten sich nicht an die Regeln zum Umgang mit Missbrauch gebunden – für sie stand der Schutz der Kirche im Mittelpunkt. Die einstige Rechtlosigkeit in Freiburg ist symptomatisch.

Der 600-Seiten-Abschlussbericht, den eine "Arbeitsgruppe Aktenanalyse" zum Missbrauch am 18. April vorstellte, kommt zu dem Ergebnis, dass Burgers Vorgänger Robert Zollitsch massenweise Missbrauchsfälle vertuscht und die Täter versetzt hatte, ohne sie zu betrafen.

Heftige Kritik an Zollitsch hatte am Wochenende auch der Sprecher der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, geübt. "Die Unverfrorenheit, mit der Erzbischof Zollitsch Öffentlichkeit und Politik hinters Licht geführt hat, ist atemberaubend", schreibt Katsch in einem Gastbeitrag für den "Spiegel".

Katsch: Systematischer Täterschutz

Das Vorgehen der Kirche vergleicht er mit der Mafia. Zwar gebe es überall sexuelle Gewalt, doch nur in der katholischen Kirche "wird mit offensichtlich hoher krimineller Energie und Raffinesse, teilweise über Grenzen hinweg durch eine mächtige Institution systematisch Täterschutz betrieben und die Justiz offenbar bewusst getäuscht".

Habe man bisher in Bezug auf die deutschen Bischöfe bisher noch so etwas wie eine Unschuldsvermutung hegen könne, müsse man jetzt davon ausgehen, dass "jeder Verdacht nur zu berechtigt war. Seit 13 Jahren haben die Bischöfe weitestgehend verhindert, dass die Verbrechen der Täter und das zweite Verbrechen, das der Vertuschung, von staatlicher Seite untersucht und aufgeklärt werden. Und sie wussten offenbar genau, was sie taten." Stattdessen hätten die Bischöfe durch von ihnen eingesetzte Gutachter und "unabhängige" Kommissionen scheibchenweise und nach ihren Regeln Einblick gewährt und die Amtsträger maximal verschont. (KNA)