Start in die Wallfahrtssaison – Meier: Kirche in Korsett gefangen
Die katholische Kirche in Deutschland hat am Montag das neue Wallfahrtsjahr eröffnet. In den wichtigsten Wallfahrtszentren Altötting und Kevelaer, aber auch in kleineren Orten wie im münsterländischen Telgte, feierten Bischöfe mit Hunderten Gläubigen den Start in die neue Pilgerzeit. Das Motto der Wallfahrtssaison 2023 lautet bundesweit "Habt Vertrauen – Ich bin es". Es sind Worte aus dem Matthäus-Evangelium, die Jesus zu seinen Jüngern nach ihrer Errettung aus einem Sturm sprach.
In den vergangenen Jahren waren die Besucherzahlen in vielen Wallfahrtsorten angesichts von Corona stark zurückgegangen; viele Wallfahrten fielen aus. In den Jahren vor der Pandemie hatten sich Wallfahrten wachsender Beliebtheit auch bei jüngeren Menschen erfreut. Ob in Form von Kutschen-Wallfahrten im münsterländischen Telgte, Biker-Treffen im niederrheinischen Kevelaer oder Fußwallfahrten nach Altötting: Hunderttausende Bundesbürger machten sich auf den Weg. Dabei erfreuten sich die – auch innerdeutschen – Jakobswege nach Santiago de Compostela besonderer Beliebtheit.
Drei Hammerschläge in Kevelaer
In Altötting, dem größten deutschen Wallfahrtsort, eröffneten der Augsburger Bischof Bertram Meier und Passaus Bischof Stefan Oster am Montag das Pilgerjahr zur Schwarzen Madonna. Meier sagte in seiner Predigt, angesichts der innerkirchlichen Diskussionen in Deutschland komme es ihm vor, "dass wir wie in ein Korsett eingezwängt und darin 'gefangen' sind. Wir schnappen nach Luft, aber uns fehlt der frische Wind des Heiligen Geistes." Es stelle sich für ihn daher die Frage, ob man die rechte Balance zwischen Strukturreformen und geistlicher Erneuerung verloren habe. Nach Altötting pilgern jährlich rund eine Million Menschen.
Im niederrheinischen Kevelaer, dem zweitgrößten Wallfahrtsort Deutschlands, öffnete der norwegische Bischof Erik Varden mit den traditionellen drei Hammerschlägen das Pilgerportal der Marienbasilika. Jährlich kommen schätzungsweise rund 800.000 Pilgerinnen und Pilger – einzeln oder in Gruppen – zum Gnadenbild der "Trösterin der Betrübten" am Niederrhein. Zu den Höhepunkten der Pilgersaison zählen die Wallfahrt der Motorradfahrer am 1. Juli und der Tamilen am 12. August.
Varden nannte Kevelaer einen gesegneten Ort. Er erinnerte daran, dass die Pilgerstätte im Dreißigjährigen Krieg entstanden war. In einer von Zerstörung und Angst geprägten Epoche sei in Kevelaer ein Zentrum des Gebets, der Bekehrung und des Zusammenseins entstanden.
Der Bischof kritisierte den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Die Begründung für die Aggression, die Ukraine sei überhaupt kein eigenes Land und nur Teil des russischen Mutterstaates, bezeichnete Varden als "Fake News".
Oldtimer-Wallfahrt in Werl
In Deutschlands drittgrößtem Marienwallfahrtsort Werl bei Soest feierte der Übergangsleiter des Erzbistums Paderborn, Michael Bredeck, einen Gottesdienst. Die Wallfahrtsangebote in Werl reichen von einer Oldtimer-Wallfahrt bis zu einem Ministranten-Wochenende.
Bereits am Samstag war Münsters Bischof Felix nach Telgte zum dortigen Wallfahrtsauftakt gekommen. "Wallfahren heißt, immer das Vertrauen aufzubringen, dass Gott helfen kann", sagte er in der Sankt-Clemens-Kirche. Zu Beginn des Gottesdienstes hatten Vertreter der Bäcker-, Metzger- und Brauerngilde nach alter Tradition das dort verehrte Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter aus der Kapelle in die Kirche getragen. (KNA)