Himmelklar – Der katholische Podcast

Altkatholische Bischöfin: Sehe Weltsynode mit gebremstem Optimismus

Veröffentlicht am 03.05.2023 um 00:30 Uhr – Von Katharina Geiger – Lesedauer: 

Bonn ‐ Maria Kubin ist die erste Bischöfin der altkatholischen Kirche in Österreich. Warum sie nicht nur wegen ihrer Berufung altkatholisch wurde, wie sie alle Aufgaben als Bischöfin, Mutter und Psychotherapeutin meistert und welche Richtung sie einschlagen will, erklärt sie im Interview.

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Wie bekommt sie das alles "unter eine Mitra"? Maria Kubin ist Psychotherapeutin, Mutter und jetzt die erste Bischöfin der altkatholischen Kirche in Österreich. Warum der Altarraum der Ort ihrer Berufung ist und sie sich dort zu Hause fühlt, was sich andere von "ihrer" Kirche abgucken können und wie sie die Weltsynode der römisch-katholischen Kirche sieht.

Frage: Sie sind die erste Bischöfin der Altkatholiken und Altkatholikinnen in Österreich, wurden vor eineinhalb Wochen gewählt. Wie geht es Ihnen in diesem neuen Amt und mit dieser neuen Aufgabe?

Maria Kubin: Ich bin immer noch sehr begeistert und berührt, weil das natürlich eine sehr neue Situation für mich ist und ich jetzt ganz viel ganz freundliches Feedback bekommen habe und versuche, all die Wünsche und Gratulationen persönlich zu beantworten. Das hat mich schon einiges an Zeit gekostet, aber es macht auch wirklich sehr viel Freude, so viel positives Feedback zu hören. Nicht nur für mich persönlich, sondern auch, dass eine Frau als Bischöfin gewählt wird, dass das wirklich ein Schritt in eine gute Richtung ist, die wir als Kirche brauchen.

Frage: Es war ja auch keine so ganz einfache Wahl: Es gab noch zwei Männer, die gegen sie kandidiert hatten und kurzfristig gesagt haben, wir machen es aus persönlichen Gründen nicht.

Kubin: Ja, das ist tatsächlich so gewesen. Ich hätte es mir anders gewünscht, ich hätte mir gewünscht, dass beide bis zum Schluss dableiben. Aber manchmal sind die Wege Gottes unvorhersehbar, oder oft sind die Wege Gottes unvorhersehbar. Und der Heilige Geist schreibt auf krummen Linien gerade, heißt es so schön. Und ich denke, das wird wohl auch was damit zu tun haben. Und letztendlich ist es ja auch nicht um den Wettbewerb gegangen, sondern um die Frage, ob die Kandidaten oder Kandidatin von der Synode für fähig befunden wird oder gebeten wird, die Leitung für eine Zeit zu übernehmen.

Frage: Und das ist bei Ihnen offensichtlich der Fall! Jetzt gibt es zwölf Kirchengemeinden in Österreich, für die Sie verantwortlich sind, 8.600 Kirchenmitglieder. Wie fühlt sich das an, jetzt deren – ich sage mal – "Frontfrau" zu sein und auch ein bisschen das Sagen zu haben?

Kubin: Das ist eine zweifache Situation: Auf der einen Seite das Sagen in der altkatholischen Kirche hat immer das Volk, und da habe ich als Bischöfin ein bisschen zu folgen. Dort, wo die Synode entscheidet, ist sozusagen auch unser gemeinsamer Weg. Und auf der anderen Seite bin ich persönlich sehr daran interessiert, was die einzelnen Menschen zu sagen haben. Ich bin immer schon in den letzten Jahren auf der Suche gewesen, in vielen Gesprächen mit den Menschen unserer Kirche: Wo wollt ihr hin, was könnt ihr euch vorstellen, was braucht ihr? Was könnten wir auch an Angeboten setzen?

Das heißt, da ist meine Aufgabe, den Leuten, die mich leiten, zu folgen und dorthin zu gehen, wo die Leute sind. Aber natürlich braucht es umgekehrt auch eine Frontfrau, die dann sagt: "Okay, und jetzt machen wir das und jetzt gehen wir und jetzt sind wir in diese Richtung unterwegs." Ich bin ja auch Mutter und Oma und habe da die Erfahrung gemacht, dass es manchmal auch jemanden braucht, die sagt: So, jetzt packen wir uns zusammen und jetzt machen wir einen Ausflug! Und nicht alle gehen immer gleich gerne mit. Aber am Schluss ist es dann doch immer schön. Manchmal muss man vorgehen und gleichzeitig folgen.

Frage: Wohin wollen Sie vorgehen, also in welche Richtung? Haben Sie schon konkretere Pläne, die Sie auch jetzt mit in Ihre Amtszeit nehmen, wenn nicht gerade das Volk sagt, was es sich wünscht?

Kubin: Also, erstens einmal kennen Sie die Altkatholikinnen schlecht. Die sagen immer, was sie sich wünschen; und es ist ein bisschen so wie ein Haufen, der ständig in alle möglichen Richtungen unterwegs sein möchte, weil es sehr, sehr viele Ideen gibt. Und meine Richtung ist eigentlich im Grunde genommen dorthin, dass Menschen sich verstanden fühlen und gehört fühlen und gesehen und getragen fühlen. Und zwar von vordergründig vielleicht von Kirche und Kirchengemeinschaft und hintergründig – oder dann wieder vordergründig – auch vom Gott und von der göttlichen Liebe umgeben. Ich bin überzeugt, dass Menschen, wenn sie sich einfach wohlfühlen, dann auch sich wieder einsetzen werden. Mein Leitspruch ist immer, dass möglichst alle gut leben dürfen sollen. Und ich hoffe, dass sich die Menschen auch dafür einsetzen, wenn sie sich geschätzt, getragen und geliebt fühlen.

Frage: Sie haben schon davon gesprochen, dass sie auch Mutter sind. Jetzt muss man das natürlich genauso auch einen Mann fragen – in diesem Fall würde ich es aber trotzdem auch von Ihnen gerne wissen: Wie kriegen Sie das alles unter einen Hut? Sie sind Psychotherapeutin in Ihrem Beruf, jetzt sind Sie Bischöfin, Sie sind Mutter. Es sind viele Aufgaben, die da zu managen sind ...

Kubin: Ja, stimmt! Die Frage, wie kriege ich das "alles unter eine Mitra"?, ist eine gute Frage. Und das werde ich sehen. Aber im Grunde genommen ist das ja auch nichts Neues für mich. Ich war immer schon Mutter, ich war immer berufstätig. Ich habe mich auch immer schon für die Kirche engagiert. Und ja, natürlich ist es ein Tanzen auf verschiedenen Hochzeiten. Und die Weisheit, die ich hoffentlich im Laufe der Zeit immer mehr gewinnen werde, ist, dass ich nicht zu lange auf den verschiedenen Hochzeiten bleibe, sondern auch wieder gehen kann. Es ist eigentlich mehr eine Frage des Sich-bescheiden-Könnens und zu sagen, jetzt ist auch wieder gut, zu gehen.

Eine alt-katholische Diakonin wird in einer Kirche in Rom zur Priesterin ordiniert.
Bild: ©picture-alliance / LaPresse / Mauro Scrobogna (Symbolbild)

Priesterin werden? Das geht in der altkatholischen Kirche seit 20 Jahren.

Frage: Seit 20 Jahren ist es in der altkatholischen Kirche möglich, Priesterin zu werden, also auch als Frau der Berufung zu folgen. Anders als in der römisch-katholischen Kirche beispielsweise. Haben Sie schon immer dieses Gefühl gehabt "Das möchte ich werden!"? Ist das schon lange so? Ist das Ihre Berufung?

Kubin: Ja, das ist schon lange so, eigentlich ist es mein ganzes Leben so gewesen, dass ich da in mir gespürt habe, dass ich da wohin will. Und ich habe es nie gefunden. Ich habe lange nicht gewusst, dass es das überhaupt gibt. Aber irgendwo hat es immer ein Drängen und ein Sehnen in mir gegeben, dass ich da noch weiter möchte und noch etwas machen möchte. Lange Zeit habe ich gar nicht gewusst, dass es in der altkatholischen Kirche überhaupt möglich ist. Und seit 25 Jahren gibt es bei uns die Weihe der Frauen. Wie ich dann davon erfahren habe, dass es in der altkatholischen Kirche möglich ist, hat mich das tief ins Herz getroffen. Das war wirklich fast wie so ein Erweckungs-, Berufungserlebnis noch einmal. Dass ich gedacht hab: Und das geht, und das kann ich wirklich leben, und es ist total schön. Jedes Mal, wenn ich den Altarraum betrete, habe ich das Gefühl, da gehör ich hin, das ist der Ort meiner Berufung. Da will ich sein. Und da fühle ich mich auch wirklich zu Hause.

Frage: Vorher waren Sie römisch-katholisch, neben Ihrer psychotherapeutischen Arbeit haben Sie dafür Theologie studiert. Wie hat sich das angefühlt für Sie, vielleicht auch, um diese Berufung ausleben und ausüben zu können, letztendlich zu konvertieren?

Kubin: Also zuerst einmal war ich römisch-katholisch und jetzt bin ich altkatholisch – beides ist katholisch und das ist auch wichtig. Weil nämlich wie ich in der römisch-katholischen Kirche gewesen bin, habe ich mich nicht so ganz wohlgefühlt mit den Strukturen, auch mit den Möglichkeiten, die ich hatte, oder mit den nicht vorhandenen Möglichkeiten. Dann war ich auch eine Zeit lang auf der Suche, auch bei der evangelischen Kirche ... Aber es ist mir wichtig, dass es eine katholische Kirche ist, weil ich mich da einfach zu Hause fühle. Das ist die Art zu feiern, wie ich feiern möchte mit den Sakramenten und mit der Art des Gottesdienstes, wie ich ihn brauche oder wie ich ihn mir wünsche. Und deswegen ist es für mich wichtig, dass es beides katholisch ist.

Letztendlich habe ich nicht für die Berufung die Kirche oder die Konfession gewechselt, sondern weil ich diese Kirche an sich gut gefunden habe. Ich bin 2008 konvertiert zur altkatholischen Kirche und erst 2015 habe ich das Theologiestudium begonnen, das notwendig war für die Priesterinnenweihe. Es war schon so die Sehnsucht da, aber konvertiert bin ich hauptsächlich deswegen, weil ich gefunden habe: Das sind genau die Werte, die ich auch vertreten mag und für die ich mich gerne einsetzen würde. Und dass ich dann auch noch meine Berufung leben darf, das ist sozusagen eine zweite Spur. Dass ich meine Berufung bis hin zur Bischöfin leben darf, das ist eine besondere Freude für mich.

„Dass sich trotzdem die anderen Kirchen mal was abschauen können und sagen, die leben da was, was für uns auch richtungsweisend oder inspirierend sein kann, das hoffe ich. Weil ich glaube, letztendlich geht es nicht darum, wo wir uns voneinander unterscheiden, sondern was wir voneinander lernen können.“

Frage: Es ist aber trotzdem ein wenig das Gefühl da, na ja gut, die römisch-katholische Kirche kriegt es nicht hin, ist noch nicht so weit ... Denken Sie, da müsste man sich von den Altkatholikinnen und Altkatholiken was abgucken?

Kubin: Natürlich, ich bin überzeugt, dass sich einige Kirchen bei uns etwas abschauen können. Aber mir ist auch bewusst, dass eine kleine Kirche wie die österreichische altkatholische Kirche, die eine Landeskirche ist, natürlich eine andere Leichtigkeit und Wendigkeit hat als eine Kirche, die sich als eine Gesamtheit, eine weltumspannende Kirche sieht. Dass wir da wendiger sind mit unserer kleinen Kirche als eine Weltkirche, ist vollkommen klar.

Dass sich trotzdem die anderen Kirchen mal was abschauen können und sagen, die leben da was, was für uns auch richtungsweisend oder inspirierend sein kann, das hoffe ich. Weil ich glaube, letztendlich geht es nicht darum, wo wir uns voneinander unterscheiden, sondern was wir voneinander lernen können. Und ich persönlich bin eine Frau, die immer ständig auf der Suche ist nach Ideen. Und wann immer eine Idee irgendwo aufpoppt, überlege ich mir, ob ich die nicht auch verbinden könnte.

Ich lass mich gerne "fremdbestäuben", sozusagen. Und es gibt auch die sehr berechtigte Geschichte, dass was auch immer man mir erzählt, entweder in der nächsten Psychotherapie oder in der nächsten Predigt auftauchen wird, weil ich da sehr aktiv und sehr wachsam bin und alles höre. Auch gestern am Abend hat jemand was erzählt und ich habe mir gedacht: Ach super, das könnte ich eigentlich verwenden. Und jetzt verwende ich es nicht nur für meine Predigten oder meine Psychotherapie, sondern denke ich mir auch: Könnte man da nicht gleich ein Bistumsprojekt draus machen?

Frage: Wenn man einen neuen Job anfängt, wird man im Vorstellungsgespräch gefragt: Wo sehen Sie sich in zehn Jahren? Wo sehen Sie jetzt als neue Bischöfin die altkatholische Kirche in zehn Jahren?

Kubin: Meine Aufforderung ist: Jeder von uns rettet einen Menschen oder ein Tier oder eine Pflanze oder ein Projekt. Jeder nimmt sich eine einzige Sache vor und schaut, dass er diese eine Sache mit dem gleichen Herzblut und mit der gleichen Liebe angeht, wie er selber sich geliebt und geschätzt fühlt. Dann haben wir doppelt so viele Menschen angesprochen oder Projekte durchgeführt, wie wir sind. Ich glaube nicht, dass es in unserer Kirche mehr Leute sein müssen, sondern unsere Kirche soll für die Menschen in ihrer Existenz relevant sein.

Es geht nicht ums Glauben, nicht um Dogmen, nicht um irgendwelche formalen Strukturen, sondern es geht darum, dass Menschen sich persönlich angesprochen fühlen und sich für die Welt einsetzen. Die Welt braucht es ganz dringend für den Frieden, für Solidarität, für die Umwelt, für was auch immer. Wir dürfen als Kirche nicht denken, dass wir so wichtig sind für uns selber, sondern dass wir für die Welt wichtig sind. Damit es nicht um die Frage geht, ob ich im Gottesdienst jetzt hier oder dort stehe oder sitze oder Amen sag, oder nicht Amen sag, sondern dass es wirklich darum geht, dass wir für die Welt eine Bereicherung sind. Weil es das ist, was Gott für uns will. Gott will, dass die Menschen gut leben, und nicht, dass sie an der richtigen Stelle Amen sagen. Es ist schön, eine Kirche braucht natürlich auch ihre Verwaltung und ihre Strukturen. Das ist überhaupt keine Frage. Es ist ja so, ich mache das nicht schlecht.

Nur wenn es immer nur um Kircheninterna geht und man dann vergisst, dass man eigentlich für die Welt da ist, dann wäre das Christentum schon mit Jesus ausgestorben. Zum Glück hat Jesus so nicht gelebt und die Apostel haben es auch irgendwie geschafft, anders zu leben. Deswegen ist es auch unsere Aufgabe, nicht auf die Kirchenmitgliederzahl zu starren, sondern lieber auf das, was wir für die Welt sein können und für den Menschen sein können.

Frage: Sie haben knapp 9.000 Altkatholiken und Altkatholikinnen in Österreich, in Deutschland wird von ungefähr 16.000 gesprochen. Wie ist die Zusammenarbeit beispielsweise mit ihnen?

Kubin: Es gibt einen Zusammenschluss aller altkatholischen Kirchen in der sogenannten Utrechter Union. Da gibt es immer wieder gemeinsame Treffen und auch gegenseitige Besuche und Projekte, ganz besonders mit der altkatholischen Kirche in Deutschland. Ich habe mein Studium in Bonn gemacht, wo es ein altkatholisches Seminar gibt. Ich habe dort meinen Master in altkatholischer Theologie gemacht und kenne daher persönlich relativ viele Leute, auch von der Uni in Bonn; und war selbst auch das eine oder andere Mal in Deutschland, um dann Leute zu treffen. Jetzt gerade bin ich dabei, mit dem Professor in Bonn einen altkatholischen Lehrgang in Österreich zu entwickeln, sodass wir da auch eine altkatholische Grundausbildung einführen können. Da gibt es sehr intensive und sehr gute Kontakte vor allem nach Deutschland und in die Schweiz. Das sind die, die die gleiche Sprache sprechen wie wir.

Synodalversammlung
Bild: ©KNA/Julia Steinbrecht (Symbolbild)

Den Synodalen Weg hält Maria Kubin für eine gute Idee. Sie hofft, er endet in keiner römischen Schublade.

Frage: Sicherlich bekommen Sie auch etwas von der Weltsynode römisch-katholischerseits mit, verfolgen das, um zu gucken, wie es mit dem deutschen Synodalen Weg weitergeht. Ganz konkret im Mittelpunkt steht die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, die Frage nach der Zukunft der Institution Kirche und genauso auch Frauen in Ämtern. Wir haben es vorhin schon gesagt, Sie würden sich das auch wünschen oder sagen, wir können uns da was abgucken. Mit was für einem Gefühl schauen Sie auf die Synode, die sich jetzt gerade entwickelt? Gerade letzte Woche kam raus, dass bei der Weltsynode auch Frauen Stimmrecht bekommen sollen, also Laien – und davon die Hälfte Frauen. Ist das ein erster Schritt, sagen Sie: Na, endlich! Oder: Es ist noch gar nicht genug und es müsste noch viel mehr passieren?

Kubin: Ja und ja. Also, wie ich das am Mittwoch gelesen habe, dass da jetzt auch die Frauen Stimmrecht bekommen haben, hat mir jemand geschrieben und gesagt: Schau, sogar der Papst reagiert auf deine Wahl! Ich schaue auf diese Synode mit einem sehr hoffnungsvollen Blick, aber auch mit einem gebremsten Optimismus, weil ja doch auch sehr viele Gegenstimmen sind und auch aus Rom sehr viele Gegenstimmen kommen. Ich glaube, dass die Idee, die da in diesem Synodalen Weg ist, wirklich eine sehr gute ist. Und ich fürchte, dass es den Weg allen Römischen nehmen wird, dass es nämlich in einer Schublade landet und letztendlich dann an irgendwelchen – ich sage jetzt mal – alten Ewiggestrigen stecken bleibt. Ich hoffe, dass es nicht so ist. Deswegen habe ich, nachdem ich schon sehr lange auf der Welt bin, einen gebremsten Optimismus. Ich hoffe sehr, weil die Richtung eine sehr, sehr gute ist.

Eigentlich ist unsere Vision ja als altkatholische Kirche, dass wir eines Tages gar nicht mehr gebraucht werden, weil dann die römisch-katholische Kirche auch dort ist, wo wir jetzt schon sind. Dann können wir uns wieder gemeinsam die Hand reichen und sagen: Jetzt gehen wir wieder gemeinsam weiter! Aber jetzt können wir das einfach noch nicht.

Frage: Klingt allerdings auch nach Resignation oder danach, dass man jetzt nicht zu viel von dem Weltsynodengeschehen in der römisch-katholischen Kirche erwarten sollte, habe ich bei Ihnen ein wenig den Eindruck.

Kubin: Man sollte alles erwarten. Man sollte niemals aufgeben, alles zu erwarten und alles zu hoffen! Man muss sich nur vielleicht auch darauf vorbereiten, dass nicht alles, was man sich wünscht, in Erfüllung geht. Das ist im Leben schon mal so und das ist natürlich auch bei solchen großen Synoden so. Aber nein, hören Sie nicht auf, zu hoffen. Wenn Sie nicht mehr daran glauben oder wenn die Leute, die dabei sind, nicht mehr daran glauben: Wer soll denn dann daran glauben? Also, hoffen wir alles und ich halte alle Daumen und bete, dass es auch da in eine gute Richtung geht. Man muss sich nur innerlich darauf vorbereiten, dass man nicht ganz am Ziel ankommt, das man sich erhofft hat.

Ich hoffe es für die römisch-katholischen Mitglieder und alle Menschen, die römisch-katholisch sind, dass sie ihre Hoffnung da auch ein Stück weit verwirklicht sehen. Ich persönlich brauche es nicht, weil ich ja schon eine Kirche gefunden habe, in der das ist. Selbstverständlich ist unsere Kirche auch immer offen für Menschen, die sich in ihrer Kirche nicht mehr weiter sehen und die sich denken, ich würde gerne nicht alleine bleiben mit meinem Glauben. Wir haben immer wieder die Frage, warum die Leute nicht in Scharen zu uns kommen, wenn wir doch so eine gute Kirche haben. Und ich glaube, dass die Antwort die ist, dass viele Menschen einfach aus der Kirche austreten, letztendlich auch, weil sie frustriert sind und weil sie sich denken: Okay, Kirche, das ist nichts für mich, das sind eben zu viele Blockaden und zu viele Richtlinien, mit denen ich mich nicht wohlfühle. Da gehe ich lieber in den Wald. Beten und glauben kann ich auch für mich alleine.

Und da will ich sagen, das ist schade, weil wir alle in der Pandemiezeit gelernt haben, dass es einen großen Unterschied macht, ob ich zu Hause alleine Musik höre oder einen Film anschaue, oder ob ich in einem Konzert stehe und links und rechts von mir springen alle und singen mit und schwenken ihre Lichter hin und her. Es ist ein ganz anderes Gefühl, auch wenn es zwar die gleiche Musik ist, aber es ist ein ganz anderes Gefühl. Und so ist es auch, wenn man alleine irgendwo im Wald ist und betet – wenn man es denn tut – oder ob man in einer Kirchengemeinschaft ist. Deswegen hoffe ich sehr, dass alle Menschen nicht einfach nur austreten und frustriert sind, sondern vielleicht, auch wenn sie sagen, in meiner Kirche geht's grad nicht mehr weiter, dass sie dann weiter suchen in einer anderen Kirche. Und man sollte niemals aufhören, auf die eigene Berufung und auf das eigene Herz zu hören, weil das eigentlich weiß, wo es hin will. Man muss halt nur ein bisschen suchen. Es wäre schön, wenn Menschen nicht einfach frustriert weggehen, sondern einen Platz finden, wo sie ihrem Glauben wieder ein Zuhause geben können.

Frage: Was bringt Ihnen Hoffnung?

Kubin: Mir bringt Hoffnung, dass ich weiß, wie Menschen funktionieren, und dass ich weiß, dass Menschen, wenn sie sich geliebt fühlen, einfach sich selbst wieder für das gute Leben einsetzen. Das ist eine Erfahrung, die ich persönlich, in der Psychotherapie und auch in der Kirche immer wieder gemacht habe. Und dann weiß ich natürlich, dass wir nicht alleine sind auf dieser Welt. Dass Gott auch da ist und er oder sie immer auf der Seite von all denen ist, die an das gute Leben glauben. Darauf kann ich mich ganz fest verlassen.

Von Katharina Geiger