Standpunkt

Hört auf, Maria als Mutter zu preisen!

Veröffentlicht am 23.05.2023 um 00:01 Uhr – Von Friederike Frücht – Lesedauer: 

Bonn ‐ Maria werde oft auf ihre Rolle als Gebärerin und Mutter reduziert. Von Männern werde sie im gleichen Atemzug gerne zur schweigsamen Dienerin stilisiert. Das seien Versuche, Frauen klein zu halten, kommentiert Friederike Frücht. Dabei ginge es auch anders.

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Maria ist zweifellos eine der bekanntesten Frauen im katholischen Glauben. Von Gläubigen auf der ganzen Welt wird sie als die Mutter Jesu Christi verehrt. Der Mai ist dabei ein besonderer und wichtiger Monat. Er steht ganz im Zeichen der Gottesmutter: Christ*innen singen Marienlieder, schmücken Maialtäre und pilgern zu Marienwallfahrtsorten.

Über die Jahrhunderte hinweg wurden Maria schon viele Beinamen gegeben, die sie indirekt auch charakterisierten: Gottesmutter, gehorsame Dienerin, Jungfrau Maria. Es gibt unzählige weitere Bezeichnungen.

Dabei wird sie fast ausschließlich auf ihre Rolle als Gebärerin und Mutter reduziert; besonders abwechslungsreich sind die Zuschreibungen nicht. Dabei spielt Maria eine wichtige Rolle in der Heilsgeschichte: Ohne sie wäre Jesus Christus, also Gott, nie in die Welt gekommen. Viele, vor allem Männer, haben im Laufe der Kirchengeschichte die Rolle Mariens immer wieder dazu genutzt, sie als passive, dienende und schweigsame Frau schlechthin zu stilisieren. Maria als das Beispiel, das dazu dient, Frauen klein zu halten. Allerdings wurde und wird hier gerne etwas Wesentliches übersehen.

Wie willensstark und mutig muss Maria gewesen sein, sich in der patriarchalen antiken Welt für ein Kind zu entscheiden, das nicht von ihrem Verlobten war? Mit was für einer Hoffnung muss sie erfüllt gewesen sein, darauf zu vertrauen, dass sie das Richtige tue und alles gut werde?

Allein der Blick auf diese einzelne Situation zeigt, Maria war mehr als stille Gottesmutter, sondern vor allem aktiv und mutig. Im Lukasevangelium ist es Maria, die prophezeit, dass Gott Großes an ihr vollbracht habe, er die Mächtigen vom Thron stürze und die Niedrigen erhöhe. Hier verkündet kein Mann, kein Jünger, kein Engel die Frohe Botschaft, sondern Maria selbst.

Wie können wir Maria nur so glorifizieren, ohne dabei ihre wahre Rolle in der Geschichte unseres Glaubens anzuerkennen und daraus Konsequenzen für die Kirche zu ziehen? Bei den Jüngern fällt es uns doch auch leicht, ihre Rolle anzuerkennen und ihren Pendants der heutigen Zeit eine "angemessene" Rolle in der Institution zuzuordnen.

Was für eine Rolle kann uns Frauen vielleicht zukommen, mit Maria als Vorbild? Einem Vorbild, das eben doch vielschichtig ist und mehr als eine Charaktereigenschaft besitzt.

Von Friederike Frücht

Die Autorin

Friederike Frücht leitet die Abteilung Kommunikation der kfd und ist Chefredakteurin der Mitgliederzeitschrift Junia.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.