Ordensfrau: Die Psalmen der Bibel sind hardcore – wie das Leben!

Nach Ansicht der Benediktinerin und Theologin Emmanuela Kohlhaas bieten die Psalmen der Bibel eine Möglichkeit, die Kirchenkrise zu überwinden. "Die alten Psalmen handeln von allen Erfahrungen des Menschseins, auch von den Abgründen. Die Kirche hat das Problem, dass sie die Menschen in diesen Erfahrungen zu wenig begleitet", sagte sie dem Spiegel (Freitag). Statt bei den Menschen zu sein, habe die Kirche "jahrhundertelang ein restriktives Moralgebäude errichtet – eine Moral, gegen die sie allzu oft selbst verstößt, wie die Missbrauchskrise zeigt." Daher wendeten sich die Leute "zu Recht" von der Institution ab.

"Die Psalmen sind hardcore", betont Schwester Emmanuela. "Aber das Leben ist auch oft hardcore. Mit frommer Tünche kommt man ihm nicht bei." In ihrem Kloster versuchten sie eine zeitgemäße Antwort auf Fragen des Lebens zu finden.

Benediktinerin fordert Reformen

Dabei stellen die Ordensfrauen auch die Institution Kirche in Frage. Sie und andere Schwestern hadern mit der Kirche, vor allem mit der Rolle der Frau und den Missbrauchsfällen. Mit ihrem Leben und Wirken im Kloster wolle sie zeigen, dass Kirche auch anders sein könne. "Ich bin nicht wegen der Kirche in den Orden eingetreten, im Gegenteil." Jesus sei gerade kein Vertreter einer machtbewussten Institution gewesen. Die Benediktinerin plädiert für ein Bischofsamt auf Zeit, so wie auch das Priorinnenamt in ihrem Kloster auf sechs Jahre begrenzt besetzt werde. Das habe sich bewährt. Außerdem sollten Frauen in der Kirche die gleichen Rechte wie Männer haben und Priester in einer Partnerschaft leben, betont sie.

Schwester Emmanuela Kohlhaas ist Benediktinerin vom Heiligsten Sakrament. Von 2010 bis 2022 war sie Priorin im Benediktinerkloster Köln-Raderberg. Im Juli 2022 gründete sie ein neues Benediktinerinnenkloster in Düsseldorf-Angermund. (ben)